In dieser Folge spreche ich mit Anne Piotrowski über NARM, das neuroaffektive Beziehungsmodell, welches von Laurence Heller entwickelt wurde. Wir sprechen darüber wie die Anwendung von NARM in der therapeutischen Praxis abläuft und worin die Magie von NARM liegt, wenn es dazu dient Menschen so zu begleiten, damit sie ihr Leben so führen können, wie sie es sich selbst wünschen.

Die Webseite von Frau Piotrowski findest Du über diese Adresse. Auf der Webseite von Laurence Heller findest Du weitere Therapeutys, welche NARM verwenden.

Du findest das Selbsthilfeforum AB-Treff unter https://abtreff.de. Für Feedback, Fragen oder um als Gast mit dabei zu sein, erreichst Du mich über die E-Mail-Adresse podcast@abtreff.de.

Alle Folgen des AB-Podcast findet Du auf meiner Webseite inklusive Transkript sowie im Videokanal des AB-Treff und auf Spotify.

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Transkript

Martin: Hallo und herzlich willkommen zu einer weiteren Folge des AB-Podcasts und heute freut es mich ganz besonders, dass ich mein Thema NARM heute unterbringen kann und zwar mit einem kompetenten Gast. Mein Gast stellt uns erstmal wieder Gee vor.

Gee: Willkommen zu einer neuen Folge des AB-Podcasts. Heute freue ich mich ganz besonders auf unseren Gast, Frau Anne Piotrowski. Ihr Weg hat sie zunächst nach Marburg, Oregon und Oxford geführt, wo sie Psychologie und Neurowissenschaften studiert hat. Als ihre wissenschaftliche Neugier gestillt war, entschied sie sich dafür, mit Menschen zu arbeiten, ganz unmittelbar und persönlich. Entsprechend hat sie Ausbildungen in Gestalttherapie und NARM, dem Neuroaffektiven Beziehungsmodell, absolviert. Heute leitet sie neben ihrer therapeutischen Tätigkeit Meditationsgruppen und assistiert bei NARM Ausbildungen. Wir freuen uns sehr, heute mit ihr über NARM, über ihre Erfahrungen und darüber zu sprechen, wie dieses Modell Menschen helfen kann. Herzlich willkommen im Podcast, Anne Piotrowski.

Anne Piotrowski: Vielen Dank. Ich freue mich, heute hier zu sein.

M: Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, da heute dabei zu sein. Steigen wir gleich direkt erstmal mit der Begriffsbestimmung ein, weil nicht jedem wird klar sein, was NARM, beziehungsweise die ausführliche Bezeichnung NeuroAffektives Relationship-Modell oder beziehungsweise auf Deutsch Beziehungsmodell zu sein. Was steckt da drin und wie sind Sie sozusagen mit diesem Konzept oder mit der Methodik in Verbindung gekommen? Was steckt da für Sie am meisten drin?

A: Hmm, ja, danke. Ist ja erstmal ein sperriges Wort, ne. Ich muss auch sagen, ich finde diese vielen Einzelteile des Wortes, ist ja alles sehr gut überlegt, aber ist jetzt nicht so eingängig. Und NARM, da finde ich ehrlich gesagt, in dem Akronym wird es schon viel spürbarer, dass da was ganz Weiches dahinter steckt. Also, aber um kurz auf die Begriffe einzugehen, neuroaffektiv, das hat mit der Physiologie zu tun. Das heißt, NARM will auch einen Einfluss auf die Physiologie des Körpers haben oder geht davon aus, dass da eine Veränderung auch entstehen kann. Affektiv zeigt, dass die Emotionen einen großen Wert haben.

NARM ist der Gedanke, dass wir so durch die Veränderung von Emotionen oder dadurch, dass eigentlich Emotionen Raum bekommen, die in der Kindheit keinen Raum hatten, wirklich die Veränderung geschieht. Und dann eben Relationship-Model, Beziehungsmodell. Und das passiert vor allem in der therapeutischen Beziehung. Da wird nochmal auch direkt in dem NARM so hervorgehoben, wie wichtig diese therapeutische Beziehung ist, dass es nicht egal ist, mit wem wir das machen oder ob wir uns wohlfühlen oder nicht, sondern das ist eine ganz, ganz wichtige Erfahrung, das da ein Gegenüber ist, das mit mir meine Themen gemeinsam anschaut. Und ja, vielleicht erst mal so.

M: Genau, dieses gemeinsame Anschauen führt uns, glaube ich, schon auch zu einem ganz wichtigen Punkt, den ich als ich NARM das erste Mal gelesen habe und so die Beschreibung aufgenommen habe. Das eine ist, wie viele verschiedene Impulse sozusagen dort gedanklich mit eingeflossen sind. Und vor allen Dingen dieser wichtige Begriff, der, mir fällt jetzt gar nicht die positive Formulierung ein, sondern nur die Nicht-Pathologisierung des Menschen. Das heißt, dass diese ganzen Probleme, Sie hatten schon kurz gesagt, so aus der kindlichen Prägung, dass das nicht als krankhaft oder problematisch thematisiert wird, sondern im Gegenteil, es sind einfach Dinge, die passieren und die machen etwas mit uns.

A: Genau.

M: Genau, vielleicht können Sie da noch ein bisschen sagen, was da dieses Besondere an diesem, sozusagen den Menschen so nehmen, wie er ist, ohne zu sagen, dass da irgendwas problematisch oder falsch dran wäre.

A: Ja, genau. NARM hat das, einen sehr ressourcenorientierten Blick auf den Menschen. Und das Schöne daran ist, dass erst mal gesagt hat, naja, wir sind alle so geworden, wie wir sind. Und das ist eigentlich erst mal total gut so. Und als Kinder haben wir uns angepasst an unsere Umgebung. Und das war aber auch erst mal total hilfreich und total notwendig. Und nur heute haben wir dann Wünsche, die wir in unserem Leben verwirklichen wollen, die aufgrund dieser Anpassungen von früher heute nicht so leicht erreichbar sind. Das heißt, wenn ich mit meinen Eltern immer gelernt habe, ich muss irgendwie links rum gehen, um eine gute Beziehung zu haben und heute aber eigentlich denke, oh nee, irgendwie ist links rum gar nicht so praktisch. Sondern ich würde eigentlich lieber auch rechts rum gehen können, wenigstens. Dann merke ich, das schränkt mich ein, was ich früher lernen musste, steht mir heute in den Weg.

Das Besondere an NARM ist an der Stelle, dass wir nicht einen Fokus auf die Vergangenheit haben, auch wenn das vielleicht ein bisschen so klingt. Aber der Fokus ist total in der Gegenwart. Weil wir sagen, alles, was wir damals lernen mussten, wird heute hörbar. In Gedanken, in Glaubenssätzen und so weiter und in automatischen Reaktionsmustern erleben wir das heute in unserem Alltag und können von da aus schauen, naja, was löst das denn in uns aus, wenn wir eigentlich mal ein bisschen uns Zeit nehmen anzugucken, was passiert da eigentlich genau. Und andere Ansätze ne, sind ja oft so, ja, wir müssen erst mal gucken, was überhaupt in der Vergangenheit passiert ist.

Da sagt NARM, nö, das müssen wir eigentlich gar nicht unbedingt wissen. Und es muss auch nicht sowas ganz Furchtbares gewesen sein. Viele Menschen haben schlimme Dinge erlebt, keine Frage, aber es geht auch nicht um das Erlebte. Sondern es geht ganz konkret darum, wie habe ich mich daran angepasst? Oder wie habe ich es geschafft, mit der schwierigen Situation oder auch einer normaleren, immer noch herausfordernden Situation für mich als Kind umzugehen? Also was habe ich gelernt, was ich dann als Strategie oder wie auch immer heute noch mit mir rumtrage?

M: Ich glaube, das ist ja auch eine große Herausforderung. Man hat zwar in der Gegenwart Glaubenssätze, aber meistens ist der Ursprung oder die Verknüpfung, gerade auch mit der frühen Kindheit, es gibt ja verschiedene, eben in, bei NARM nennt sich das Überlebensstrukturen, die in sehr unterschiedlichen frühen kindlichen Phasen schon sozusagen ausgebildet werden. Weil wir müssen ja, sobald wir sozusagen auf der Welt sind, sobald wir geboren werden, teilweise, in Beschreibung habe ich auch gelesen, sogar noch davor, während der Schwangerschaft, sind wir schon Umweltleinflüssen ausgesetzt, die etwas mit unserem System machen. Aber wir haben da keinen kognitiven Modus, in dem wir sagen, ah, okay, jetzt passiert das mit mir, deswegen reagiere ich so, sondern es ist einfach körperlich abgespeichert dann.

A: Ja, richtig. Genau, schon in der Schwangerschaft sind wir halt ganz nah mit der Mutter verbunden, im Körper der Mutter. Und das Kind, genau wie Sie sagen, hat da keine Gedanken dazu, aber mit Sicherheit schon irgendeine Form von Gefühlen und vor allen Dingen Körperempfindung. Und wenn die Mutter zum Beispiel vielleicht gar nicht so einen guten Bezug zu ihrem Körper hat oder auch wenig schlimme Dinge, aber also es kann natürlich auch sein, dass Gewalt vorkommt, aber wir können mal von einem Fall ausgehen, wo wir sagen, naja, nee, ist einfach, die Mutter hat nicht so ein gutes Verhältnis zu ihrem Körper.

Dann merkt man schon, das ist eigentlich eine normale Situation. Und trotzdem macht das was mit dem Kind, ja, und das Kind speichert das in der Tiefe des eigenen Körpers irgendeine Art ab und merkt, ah, irgendwie, hm, irgendwie ist Körpersein nicht so gut. Fühlt sich irgendwie unangenehm an. Das macht mir vielleicht sogar ein bisschen Angst. Und dann ist das wieder auf so einer ganz tiefen Ebene, genau wie Sie sagen, auf einer körperlichen Ebene abgespeichert und wird dann auch später auch im Erwachsenenleben auch eher als eine Verkramfung oder eine Anspannung im Körper wahrgenommen.

M: Da wäre es, glaube ich, nochmal interessant, auch dort ein bisschen einzusteigen. Wir hatten im Vorgespräch gerade kurz, dass NARM letztlich auch nicht dazu dienen soll, jetzt den Menschen zu analysieren, sondern ihm im Endeffekt einen Weg oder ein Werkzeug an die Hand zu geben, um selber zu reflektieren oder vor allen Dingen auch ins Spüren zu kommen. Weil was ich zumindest immer wieder so ein bisschen aus Protokollen gelesen habe, die jetzt in diesen Büchern beschrieben wurden, dass es immer wieder so die Nachfrage ist, was fühlen Sie gerade, wie fühlt sich Ihr Körper an, was ist da aktiv? Weil manche sind auch überfordert, jetzt die emotionale Seite zu beschreiben, sondern erstmal fühle ich im Körper irgendwas, was ja auch für manche schon dieser erste Schritt ist, wieder im Körper anzukommen, wenn da, was Sie gerade als Beispiel beschrieben haben mit der Trennung der Körperlichkeit, dass ich eigentlich die Verbindung zu meinem Körper irgendwo im Spürbewusstsein, heißt es dann, verliere, dass ich gar nicht fühle, was in meinem Körper gerade los ist.

A: Ja, genau. Wie gesagt, dieser positive Blick auf die Menschen, ist so wichtig, dass wir eben nicht ins Analysieren auch kommen. Und es geht auch nicht darum, meinem Gegenüber, der vielleicht in die Therapiesitzung kommt, irgendwie sehr weit weg zu treten, sondern genau, wie Sie sagen, neugierig zu schauen, Moment, was passiert denn da, ne? Vielleicht können wir an der Stelle ein bisschen gucken, wie auch eine NARM-Therapiesitzung abläuft. Da ist am Anfang steht es der Wunsch im Vordergrund. Das heißt, man guckt ein bisschen, wo möchte die Person denn hin? Was ist denn das Ansinnen? Dafür wird Raum genommen und dann ist so eine Funktion eines Leuchtturms, wo wir aber nicht drauf hinsteuern, zielgerecht sind und sagen, okay, wir machen jetzt erstens, zweitens, drittens und dann sind wir da. Sondern ein Leuchtturm kann sein wie sowas, aber ich würde gerne die Fähigkeit haben, eine befriedigende Beziehung zu führen.

Und dann schaut man eher, naja, okay, wir schauen uns das gerne gemeinsam mal an, was dem da in den Weg gerät. Weil der Gedanke ist, eine Beziehung zu führen, ist, was vielen Menschen auf eine gute oder schlechte Art und Weise, aber es gelingt vielen Menschen. Das heißt, irgendwas musste ich vielleicht in der Kindheit lernen, was mir jetzt heute in den Weg gerät, das machen zu können. Und dann entsteht in der Sitzung einfach ein Raum, ohne Druck, ohne Anstrengung, in dem einfach geschaut wird, okay, vielleicht nehmen wir mal ein konkretes Beispiel aus der letzten Zeit, in dem man das anschauen könnte, was ist denn, wenn Sie an Beziehungen denken oder vielleicht eine Beziehungserfahrung machen, in einem nicht romantischen Setting oder so, was ist denn da, was passiert denn da innerlich? Und dann hat man Raum für die ganzen Gedanken, die hochkommen.

Und dann ist es genau, wie Sie sagen, dann schaut man erst mal, okay, was löst das denn aus? Ja, weil das, was normalerweise im Alltag ganz schnell hintereinander passiert, wird so ein bisschen entzerrt. Ja, wir nehmen uns Raum und Zeit und schauen mal, was passiert da wirklich, was sage ich mir für Sätze, ja, und wie ich bin es nicht wert oder ich mache das immer falsch oder so. Und wenn ich mir das dann so anhöre und mitbekomme, ah ja, die Therapeutin oder der Therapeut der sagt mir, ah ja, okay, also das sage ich mir, okay. Ahh, wenn ich mir Zeit nehme, da nachzuspüren, wie fühlt sich das denn an? Ja, und das ist vielleicht unangenehm oder es macht mich traurig. Vielleicht kommt dann auch irgendwann so ein Punkt, wo ich denke so, boah, ist ja irgendwie ganz schön hart. Ich bin ja irgendwie ganz schön hart mit mir da eigentlich.

Ja, und da kommt auch diese Beziehung mit rein. Ja, das kann gut sein, dass dem Therapeuten und der Therapeutin auffällt, hui, das sind aber heftige Sätze. Das tut vielleicht ja auch weh, wenn ich mir das immer so sagen muss. Ja, und dann kann so ein bisschen, ein, wie so ein Gefühl für mich und vielleicht eben auch eine Wut kommen und sagen so, das ist aber nicht so gerecht. Das finde ich aber irgendwie gemein. Nicht die Wut dann gegen mich, ja, sondern eher die Wut, ah ja, das musste ich irgendwann mal lernen. Irgendwer hat das mir vielleicht gesagt oder noch viel subtiler auf eine andere Art und Weise mitgegeben. Und mit der Wut, wenn die dann sowas bekommen wie, oh, das hatte ich nicht verdient. Ich habe eigentlich verdient, eine Beziehung zu haben. Das ist doch ein ganz nachvollziehbarer Grund. Dann kommt wie so eine Aufrichtung. Wenn ich das schon sage, fange ich auch an, tiefer zu atmen, und so, das habe ich nicht verdient.

Das ist in NARM so wunderschön. Diesem gesunden Aufrichtungsimpuls oder Entwicklungsimpuls, Wachstumsimpuls wird Raum gemacht. Das ist aus meiner Sicht ein ganz anderer Zugang zu Therapie als in vielen anderen Therapierichtungen. Weil wir sagen, wir müssen nicht an Menschen rumdoktern oder analysieren. Der Mensch hat einen eigenen Impuls zu wachsen. Lediglich gucken wir mal, wie wir ein bisschen da das aus dem Weg schaffen können, was das bisher noch gerade stoppt.

M: Da ich ja selber auch das AB-Forum, also für Menschen, die unverwillig beziehungslos sind, betreue, da kommt es mir im Endeffekt immer sehr oft wieder in den Beiträgen, wird es sichtbar, dieses Zweifeln daran, eine Beziehung verdient zu haben. Entweder, weil man selbst scheinbar nichts zu geben hat, es eben nicht wert sei, also viel, was diese Selbstwertthematiken angeht, weil aus irgendwelchen Umfeldern, sei es die Eltern oder sei es in späteren Erlebnissen, dass man dann immer wieder die Rückmeldung bekommen hat, man sei nicht gut genug, nicht richtig, wie man ist. Und das ist natürlich dann auch klar, dass auf den Selbstwert sehr stark negativ auswirkt, wenn man nie so, wie man ist, in Ordnung war oder halt sich ständig irgendwelchen Veränderungen anpassen musste.

Und was ein sehr regelmäßiges Thema ist, ist, wenn dann von den Normalos gesprochen wird, die haben doch auch keine Ahnung, was sie tun müssen, um in Beziehung zu kommen, denen passiert das einfach. Also so, das eine ist diese Wut darüber, dass man selber plötzlich so viel Anstrengung leisten muss, um etwas zu bekommen, was für andere scheinbar vollkommen normal ist. Auf der einen Seite ist es aus meiner Sicht schon eine Möglichkeit, das als Antrieb zu nutzen, weil man zumindest ja den Mangel erkennt. Den Wunsch nach Beziehung, der ist offensichtlich, weil sonst würden die Leute nicht bei uns ins Forum kommen, wenn sie das Thema nicht so weit getriggert hätte, das zu sagen, da ist etwas, was mir unerfüllt bleibt. Aber dann diese Herausforderung zu sagen, wie komme ich jetzt eben genau an diesen Punkt zu erkennen, was blockiert mich? Also was ist diese Hürde, die ich überwinden muss?

Und da ist das Schwierige dadurch in dem schriftlichen Austausch, dass Menschen schnell in die Analyse verfallen und sagen, ja, du musst ja nur da und da, du musst nur, das ist deine Hürde, da musst du drüber. Und das passt dann überhaupt nicht in den momentanen Kontext dieser Person. Weil zum einen, bis man wirklich ein bisschen einen Blick hat für eine Person, ich denke auch bei den NARM-Sitzungen wird es ja eine ganze Weile dauern, bis man ein tieferes Gefühl für den Patienten bekommt, für den Klienten bekommt, das ist ja auch, er muss nicht geheilt werden, sondern er wird begleitet, sondern dass man dann merkt, okay, was hält ihn wirklich zurück? Also bis man wirklich diesen Glaubenssatz, denke ich mal, auch gut rausgearbeitet hat, der da aktiv ist. Manchmal können die ja sehr stark verschüttet sein, nehme ich an, zwischen verschiedenen Verhaltensweisen, Strategien, wie man sich damit angepasst hat oder so.

A: Ja, ganz genau. Na, das, was Sie benennen gerade, ist ja wirklich stark gemeint, diese Idee, wir müssen uns einfach nur noch mehr anstrengen. Und das ist voll gemein, denn die Normalos müssen sich nicht anstrengen, denen passiert es und ich muss mich so anstrengen. Und da finde ich auch, ehrlich gesagt, einen riesen Fortschritt oder einen riesen Beitrag vom NARM-Modell, also von Larry Heller, der das entwickelt hat, ist dieses Entlarven von Anstrengung als Strategie. Ja, also zu merken, ah, nee, Anstrengung, und das ist, ehrlich gesagt, ist mein Eindruck auch in Deutschland, uns Deutschen ist so, Anstrengung ist so wie so Second Nature, ja, das fühlt uns sich so normal an, na das müssen wir doch alle machen, ist doch klar.

Nee, da gibt’s noch, das ist auch was, was wir ja alle gelernt haben, aber was irgendwie sowas beinhaltet von, ich muss, ich muss mich anstrengen und sich Druck machen. Und also, wenn ich das gerade erzähle, die Zuhörenden können das ja nicht sehen, aber ich mache so eine Handbewegung, wo ich so eine Faust mache und mich festhalte, das heißt, da ist eigentlich wie so eine Zurückhaltung in dem Druck drin. Also, es klingt paradox, aber der Gedanke ist auch wie so, puh, ich will ja was, also ich will eine Beziehung. Na, ich sag’s mal anders.

Ich mag das Bild ganz gerne von wie so einem reißenden Fluss oder Strom, und in denen mussten wir in unserer Kindheit so Dämme bauen, und die sind mehr oder weniger durchlässig. Das heißt, das Wasser, wenn wir das Wasser nehmen als Energiefluss, der durch unseren Körper fließt, das kommt noch ganz gut durch, aber manchmal ist der Damm auch viel dichter, dann kommt es nicht mehr so gut durch. Und wenn ich denke, ich muss mich anstrengen, oder ich versuche, über die Hürde hinweg zu kommen, ja, so wie Sie das eben genannt haben, ich muss erstens, zweitens, drittens mit tausend Ratschlägen oder noch vielleicht tollen Sätzen, die ich aus dem Internet gefunden habe, diese Hürde nehmen, auch vielleicht jemanden anzusprechen oder so, dann bedeutet das aber, wie so ich zwinge das Wasser über den Damm zu gehen. Und NARM wirkt dann auf eine andere Art und Weise.

NARM guckt eher so im Moment, da mussten wir ja so einen Damm hinbauen, und das war wichtig als Kind. Gucken wir doch mal, einfach mal Zeit und Raum nehmen, um diesen Damm anzuschauen. Und den so ein bisschen, und das ist ein bisschen magischer, oder was tatsächlich dann passiert, wenn wir uns Zeit und Raum nehmen in diesem gemeinsamen Beziehungsraum, dann verliert er an Dichtigkeit. Und dann kann das Wasser eigentlich einfach viel freier fließen, und der Damm vielleicht mit der Zeit kann er ganz gehen. Und dann sieht man schon in dem Bild auch, dann ist viel mehr Lebendigkeit möglich. Und es ist nichts schlecht daran, dass wir den Damm gebaut haben, das war nötig und es war sogar richtig gut.

Und das finde ich in NARM auch so schön, da ist auch wirklich wie so ein Respekt vor unserem so geworden sein. Und manchmal kann es dann auch hilfreich sein, in die Vergangenheit zu schauen, um noch mehr Mitgefühl für sich zu gewinnen und zu sagen, boah krass, guck mal, was ich da als Kind Tag für Tag miterleben musste. Vielleicht war es eine gewaltvolle Situation, vielleicht war es nicht direkt gewaltvoll, aber meine Eltern haben mich einfach nicht so gut mitbekommen, wie ich das eigentlich gebraucht hätte. Sodass ich lernen muss, was ich brauche, ist nicht so wichtig. Das hatten Sie ja eben auch schon angesprochen. Ich muss immer geben. Ich habe nichts zu geben. Das heißt, da steckt ja drin, ich muss immer was geben, um was bekommen zu dürfen. Ui, vielleicht ja nicht unbedingt. Da ist ja was wir so, ich darf nicht bekommen oder ich muss erst was geben, um was zu bekommen. Für mich klingt das auch schon so nach so einem kleinen Damm, der sich da gebildet hat.

M: Ich würde gerne das Magische, was Sie gerade angesprochen haben, nochmal aufgreifen, weil ich kenne ja NARM bisher sozusagen nur aus den Büchern. Eben auf eine sehr theoretisch lastige Art. Weniger aus dem Spüren. Und das ist nämlich sozusagen für mich auch das Mysterium, weswegen es mir so wichtig war, auch mit Ihnen, also jemand, der wirklich damit arbeitet, die Erfahrung hat, zu sagen, in dem Kontakt zwischen Therapeut und Klient, dass dort diese Veränderungsimpulse eben nicht das machen, jetzt mach mal hier jetzt und jetzt mach mal diesen Damm weg und so, sondern im Endeffekt sozusagen also eigentlich ganz kleine Impulse, die mir in dem Moment, wo ich sozusagen, also meine Vorstellung, wenn ich das Dammbild weiternehme, dass ich ihn eigentlich gedanklich anschaue und mir dann sozusagen Holzstück für Holzstück mal vielleicht rausziehe, um mir genauer zu verstehen, was passiert ist.

Weil was ich auch im Forum dann immer wieder so ein bisschen lese, die Gefahr, wenn ich in die Vergangenheit schaue, dass ich dann schnell in Schuldzuweisungen verfalle. Das heißt, die Eltern sind jetzt böse, weil sie mir gerade nicht das gegeben haben, was ich in dem Moment brauchte und jetzt haben sie mein Leben kaputt gemacht und sowas. Also eigentlich wieder eine ziemliche Weggehen von sich selber und anderen sozusagen diese, ja, eigentlich die Macht über das eigene Leben zu geben. Ich glaube, im NARM heißt es so ein Begriff Agency, ist das, glaube ich, dieser Schwerpunktbegriff, wo es darum geht, festzustellen, Moment, hier jetzt in der Gegenwart, ich bin nicht mehr das Kind, ich bin nicht mehr in dieser Abhängigkeit von damals, wo ich mich anpassen musste, um letztlich zu überleben.

Deswegen heißt es ja Überlebensstrukturen in NARM, sondern ich bin jetzt hier mit all meinen Ressourcen, die ich jetzt habe, die Fähigkeiten, die ich schon habe und die mir vielleicht auch gar nicht so bewusst sind, weil Sachen mich ja jetzt blockieren, aber dort stecken Fähigkeiten drin, die ich dann wieder erkennen und verstehen kann, was sie mir nützen, wo sie mir helfen und wie ich sie vielleicht nur etwas austarieren muss oder austarieren darf dann wahrscheinlich auch, eben das aus dem Muss, aus dem Zwang rauskommen. Ja, dann findet dieses Magische statt, dass, indem ich mir anschaue und mehr Bewusstheit in diese Struktur bringe, ich sie damit auch ein Stück weit öffne und das eigentlich gar nicht so ein anstrengender Prozess ist, jetzt irgendwie, ich muss schwer meine Vergangenheit reflektieren, sondern ich darf nachspüren und für mich ist immer so der Impuls gewesen, ich gehe in den Frieden mit meiner Vergangenheit, weil sie hat mich geprägt, sie hat mich dahin geführt, wo ich jetzt bin und wenn ich in der Gegenwart schaffe, mit dem, wo ich bin, Zufriedenheit ist immer so ein schwieriges Thema, auch für mich, zu sagen, bin ich jetzt zufrieden, bis hin zu glücklich, also wie fühlt sich das überhaupt an, wie fühlt sich Glück an, keine Ahnung, das ist immer wieder ein großes Fragezeichen für mich auch, aber ja, wie ist es dann passiert, also so dieser Wandel, dass diese Schwere und Lastgefühl nicht kommt, ich muss jetzt irgendwie meine Vergangenheit noch abarbeiten, um in der Gegenwart glücklich zu werden oder sowas.

A: Nee, genau, das ist genau wie Sie sagen, ja, wenn ich so in Schuldzuweisungen gegen meine Eltern gehe, dann verliere ich eben alle Agency, alle Selbstwirksamkeit mit meinem Leben heute, was zu machen, denn heute ist es mein Leben, heute mache ich wohl innerlich das weiter, was meine Eltern mit mir gemacht haben und das allein zu bemerken, da habe ich was übernommen, ich habe ein bisschen gelernt, wie Beziehung geht dadurch, dass wie meine Eltern mit mir waren und das mache ich jetzt innerlich weiter und wenn wir nochmal zu dem Dammbild gehen, ja, oder dem Flussbild, dann ist es da zu merken, wenn wir uns das anschauen, wenn der Biber den Damm nicht ständig verstärken würde, würde der reißende Fluss den doch in wenigen Tagen, pff, wäre der Damm weg.

Ja, der Damm braucht, um zu bleiben, und das ist ja unsere Blockierung, aber eigentlich braucht er ein ständiges Verstärken und das machen wir durch unsere Gedanken, durch die Art und Weise, wie wir uns behandeln, immer noch nicht auf eine bösartige Weise. Wir wissen es nicht besser, wir können es nicht anders, wir haben es erst mal nur so gelernt, aber damit wird es so schwer, ah, da mache ich was, was mir in den Weg gerät, was früher gut war, heute wird es schwierig, heute macht es mir schwierig. Und da ist auch ein Stück der Magie nämlich drin, es geht darum, diesen Damm anzuschauen oder eben diese Art und Weisen, wie ich mit mir bin und dann verliert diese Art mit mir zu sein ein bisschen an Kraft, ja, und es entsteht ein bisschen mehr Mitgefühl.

Ich brauche gar nichts zu tun, ich brauche noch nicht mal Stöckchen aus dem Damm rausziehen, ehrlich gesagt, ich muss nur aufhören, neue reinzustopfen. Und dann macht das Leben und diese Lebensenergie und der Fluss trägt das dann ganz alleine ab. Und das ist die Magie, ja, es braucht keine Anstrengung, es braucht nicht, sogar eigentlich noch nicht mal so richtig viel zu tun. Das ist vielleicht ein bisschen schwer nachzuvollziehen oder vorstellbar, aber das ist das richtig Schöne daran.

M: Bei mir entsteht da das Bild, Bewusstheit dahin zu legen, für das, was ich unbewusst mache, das Unbewusste verstärken und den Damm aufrechtzuerhalten. Das heißt, ich schaffe mir Situationen, weil für mich kommt ganz oft das Thema der selbsterfüllenden Prophezeiung. Das heißt, ich habe einen Glaubenssatz, der mich in bestimmten Situationen so verhalten lässt, so von wegen, eben, ich bin ja nicht wertvoll genug für eine Beziehung, also bin ich schon irgendwie ruppiger oder abweisender oder ich öffne mich, also ich zeige mich nicht, weil ich denke, okay, ich bin ja eh nicht interessant, also habe ich nichts zu zeigen und dann hat die andere Person natürlich gar nichts, womit sie in Resonanz gehen kann.

Das heißt, ich vermeide, gesehen zu werden, weil ich glaube, ich bin nicht wertvoll angeschaut zu werden. Und wenn ich mir das bewusst mache, dass damit ja sozusagen der Damm immer wieder gefüttert, restrukturiert wird, dass ich eigentlich immer wieder die gleiche Erfahrung durchlebe und mir damit den Glaubenssatz bestätige, bis ich merke, Moment, eben, da bekomme ich dann diese Selbstwirksamkeitsaspekte, zu sagen, ich probiere jetzt mal was anderes aus. Ich bekomme vielleicht einen Impuls, zu sagen, ich erzähle jetzt doch mal irgendwas über mich, irgendwas Persönliches, ich gehe in Vorleistung. Das heißt, ich gehe jetzt mal davon aus, es ist eine Verbindung da und sage, dieser Mensch hätte Interesse an mir, wenn er mich denn kennenlernen würde. Aber dazu muss ich halt ihm irgendetwas geben, damit ich dann für ihn kennenlernen greifbar wäre in irgendeiner Form.

A: Ja, genau, das ist eine Möglichkeit, ne. Hat noch ein bisschen was von, ja, ich muss was geben, ich muss doch noch ein bisschen was schon mal zeigen und in Vorleistung gehen, ne. Eine andere Möglichkeit wäre eben zu gucken, naja, Moment, wie geht es mir denn, wenn ich mir erzähle, dass mein Gegenüber mich nicht interessant findet? Was kriege ich denn dann überhaupt noch eigentlich mit von meinem Gegenüber, der vielleicht gerade vor mir sitzt und mir vielleicht gerade eine Frage gestellt hat, die ich gar nicht so höre, weil die innere Stimme so wahnsinnig laut ist, ne. Also wie so den Raum dafür aufzumachen, ja, was dann emotional passiert. Ich sage, ja, was passiert denn da?

M: Das erinnert mich wieder an eine Schilderung, weil ganz viele ABs berichten davon, dass nie Interessenbekundung bemerken oder bekommen. Also, dass nie ein Mensch ihnen zeigt, dass sie an ihm interessiert sind oder dass sie einen Flirt erleben oder irgendeine Interaktion, die daran zeigt, dass jemand Interesse an ihnen hat. Und es ist total schwer, natürlich im Forum zu sagen, wo oder wie die Menschen wirklich mit jemandem begegnen. Also ich weiß zumindest aus einer Schilderung, wo ganz klar war, da gab es irgendwie eine Vierergruppe und der eine auch wieder so voll in diesem Modus, niemand interessiert sich für mich, niemand stellt mir Fragen und flirtet mit mir. Und am Ende die anderen zwei, die mit dem Auto saßen, ey, die Frau hat die ganze Zeit mit dir geflirtet, die hat dir ständig Fragen gestellt und du hast es überhaupt nicht als sowas interpretiert oder zugeordnet, dass das die Interessenbekundungen sind, nach denen du eigentlich suchst. Weil er im Endeffekt die Frau wiederum nicht auf dem Schirm für sich.

A: Genau. Und das ist ein super Beispiel. Um dann zu merken, ah, Moment, guck mal, er fand an der Stelle die Frau gar nicht so interessant. Womöglich. Oder war so sehr gefangen in der eigenen Erzählung über sich selber. Vielleicht hätte er sie interessant gefunden, wenn er sie hätte wahrnehmen können. Ja, aber da zu merken, genau, dieser starke, ich bin mit mir selber beschäftigt, da lege ich wie so diesen Film und diese Geschichte auf die Realität und bekomme nicht mit, was wirklich passiert. Und ich finde das andere so, wie, niemand interessiert sich für mich, da ist ja auch so, für wen interessiere ich mich denn? Bin ich denn neugierig?

Ist nicht leicht, neugierig zu sein, wenn ich Angst habe, um nicht zu sagen, ist unmöglich. Ja, wenn wir Angst haben, sind wir zusammengezogen, schauen nur nach innen, dann haben wir keinen Raum für Neugier, ne? Neugierig und mich in der Umgebung umschauen, das kann ich nur, wenn ich ein bisschen entspannt bin. Da merken wir wieder, da kommt das Nervensystem mit rein, was vielleicht allein, wenn eine Person von dem Geschlecht im Raum ist, das mich interessiert, dann geht schon gar nichts mehr. Das ist gut möglich. Das finde ich dann immer schwierig, wenn wir jetzt da so allgemein drüber sprechen, zu sagen, was man dann macht, ja, oder was dann hilfreich wäre. Aber es ist immer wieder der Gedanke, sich Zeit zu nehmen, aber sag mal, ja?

M: Vielleicht kann ich da tatsächlich direkt persönlich auch einsteigen, weil für mich, ich weiß, dass ich vor einiger Zeit im Forum mal die Frage gestellt habe, inwieweit wir uns für andere Menschen interessieren. Soweit ich mich erinnere, habe ich da eben noch sehr stark auch eine Position erst mal aufgeschrieben, dass ich vom Gefühl her eigentlich gar kein Interesse an anderen Menschen habe, weil ich weiß gar nicht, also die Menschen, die mich hier umgeben, meine Partnerin, also ich bin inzwischen in einer längeren Beziehung drin und da ist das Interesse natürlich da. Oder was heißt natürlich? Es ist so eine Entwicklung gewesen, weil ein prägender Glaubenssatz für mich in der Kindheit war, aus den Augen, aus dem Sinn. Das heißt, ich habe eine sehr starke Erfahrung gemacht, dass ein kleiner Umzug, der zwar mit dem Fahrrad noch überwindbar gewesen wäre, dann bin ich zu meinen alten Kumpels hingefahren und wollte weiterhin eben in Kontakt bleiben, spielen, was zu unternehmen und gesagt wurde, nee, du bist zu weit weg, wir sehen uns nicht mehr in der Schule und irgendwie, das hat sich erledigt.

Das ist zumindest das, wo ich sehr stark verbinde, wo ich diesen Glaubenssatz sozusagen dann drin habe, weil wir sind oft umgezogen. Was da alles für mich verknüpft ist, das habe ich natürlich über die Jahre dann immer weiter auch spüren und gucken können, ist es nicht sinnvoll, in Beziehungen zu investieren, weil sobald ich den Ort wechsle, ist ja das eh alles weg. Aus dem Augen, aus dem Sinn, es hat mir auch an manchen Stellen geholfen, Dinge abzuschließen, weiterzuziehen, Sachen zu machen, also auch da ist wieder, es ist auch was Befähigendes dabei, Dinge abschließen zu können, Dinge sein zu lassen, aber für in eine Beziehung zu kommen, war das extrem hemmend, auch zu sagen, wie interessiere ich mich für Menschen? Und so bevor wir heute in den Podcast gestartet sind, wo ich dann nochmal drüber nachgedacht habe, es ist tatsächlich so, dass mich die Geschichten von Menschen interessieren, nur halt nichts weiter daraus zu machen.

Also Gedanke so, muss es einen Grund haben, wenn ich mich mit jemandem unterhalte und mir seine Lebensgeschichte anhören möchte, ohne es jetzt zu sagen, okay, und dann entsteht irgendwas draus. Also eigentlich so diese Neugierde im Moment, einfach die Geschichte zu hören, davon zu lösen, dass es ein Ziel verfolgen muss, so von wegen, ich höre mir die Geschichte nur an, wenn es danach eine Beziehung gibt oder so. Also ich habe nicht die Neugierde für den Menschen, sondern ich instrumentalisiere eigentlich den Menschen und mich auch, um etwas zu erreichen. Also es sind so schwierige Verquickungen, wo ich merke, ich will so nicht mit anderen Menschen in Interaktion sein, weil das ist für mich belastend und ich finde auch für den anderen, weil das passt mit meiner Ethik, mit vielen Haltungen passt das nicht zusammen, so zu sein. Und dann zu merken, in die Leichtigkeit, es ist nur der Moment jetzt, der zählt und ich lasse mich auf den Menschen in dem Moment ein, höre seine Geschichte an, aber dann darf ich auch wieder gehen. Ich muss nicht da eine lange Verbindung draus machen, egal wie sympathisch mir der Mensch ist.

A: Absolut, in beide Richtungen, ne. Es gibt keinen Druck, dass was draus werden muss und ich darf mir trotzdem auch erlauben, für den Moment da zu sein und mich zu interessieren oder auch nicht zu interessieren. Und ich glaube, da ist auch wieder die, so wie Sie es ja angesprochen haben, was ist eigentlich auch der Grund, dass ich mir eine Beziehung wünsche? Was ist meine Hoffnung, was ich erlebe, wenn ich in einer Beziehung bin? Also sich darüber auch Gedanken zu machen, denn manchmal, ist auch der Gedanke, ja, dann würde ich mich geliebt fühlen, würde ich mich vielleicht einfach wohler fühlen und das ist ja urmenschlich, finde ich total nachvollziehbar.

Und dann aber zu gucken, okay, also der NARM-therapeutischen Sicht würde ich mir dann gerne mit der Person zusammen anschauen, naja, dann schauen wir mal, was ihnen in den Weg gerät dabei, sich mit sich selber wohler zu fühlen und sich geliebt zu fühlen. Und was da spürbar wird, wir nehmen das ein bisschen aus dem Beziehungskonstrukt raus. Weil wenn ich meinen ganzen Wunsch, mich geliebt zu fühlen, sagen so, ja, jetzt muss ich jemanden suchen, die Person muss mich lieben und dann ist alles wieder gut, das funktioniert nicht, weil genau wie Sie sagen, ja, da ist dann auch ein wahnsinniger Druck drauf. Aber wenn es mir gelingt, durch Mitgefühl mit mir, durch das Entlarven der Strategien, die ich lernen musste als Kind, mit mir selber liebevoller zu sein, dann habe ich auch jetzt schon oder kann ich schon ziemlich zeitnah, ohne unbedingt eine andere Person in meinem Leben erst haben zu müssen, ein angenehmeres Lebensgefühl haben.

Und dann wird es ganz spürbar, wie es dann leichter fällt, eine Begegnung zu haben, weil ich bin nicht kurz vorm Ertrinken und muss gerettet werden, sondern ich kann schwimmen und dann schwimmt da jemand neben mir und dann unterhalte ich mich ein bisschen. Ist auch ein bisschen egal. Vielleicht ist es auch nicht egal, vielleicht ist es auch spannend und aufregend und ich kann aber auch vielleicht mit der Aufregung sein. Ist okay. Ist halt jetzt aufregend. Ist auch urmenschlich. Ja, und da wieder nochmal so ein Faden von diesem NARM-ansatz. Da ist so viel liebevolles Mitgefühl da drin und es gibt keine Verurteilung von uns Menschen. Das finde ich sehr heilsam. Schon allein in der Art und Weise, wie man miteinander spricht oder wie auf Menschen geschaut wird. Das ist sehr wohltuend.

M: Als ich aufgewachsen bin, gab es immer so öfter so diese kleinen Spruchbilder mit Liebe ist, Punkt, Punkt, Punkt und dann stand da irgendwas drunter. Anderen den Rücken zu waschen oder für andere einkaufen zu gehen oder jemanden in den Arm zu nehmen. Was auch immer da so an Konzepten dann drin stand, wenn sozusagen diese Begriffsfeld so sich geliebt fühlen. Das ist für mich, ist das eine ganz, ganz schwere Formulierung. Also ich habe das bei Rosenberg, damals ist mir das das erste Mal so begegnet, das anzufangen, was wir sozusagen hab mich lieb, so als Aufforderung. Und dann ist die Frage bei Rosenberg sozusagen, eben aus der gewaltfreien Kommunikation, ja sag doch mal, was ist denn das, was du erwartest, was jetzt passieren soll? Was ist der Mechanismus, von dem du glaubst, also die Handlung oder irgendwelche Aktivität, damit du das mit Geliebtsein verbindest?

Weil im Endeffekt, dieser Satz hört sich so einfach an, hab mich lieb. Aber es ist vollkommen unklar, wie ich es in meinen Interaktionen auch gemerkt habe, was assoziiere ich denn damit? Was für eine Handlung erwarte ich jetzt? Was soll die andere Person machen? Was für mich dann besonders, zumindest schon mal, eine Entlastung war, war zu verstehen, dieses nette Buch mit den fünf Sprachen der Liebe, wo so ein bisschen aufgeschlüsselt wird, die Identifikation, die wir sozusagen aufbauen, eben auch aus unseren Prägungen, ist es jetzt Zeit verbringen, ist es Geschenke machen, ist es verbal, irgendwelche Komplimente machen und dann noch zwei andere, die jetzt mir nicht so immer präsent sind. Und wo ich gemerkt habe, aha, es ist eben nicht selbstverständlich, was jemand mit Liebe assoziiert.

Weswegen das für mich nämlich auch in der Beziehung oder auch generell im Kontakt immer wieder so eine Frage ist, mache ich mir jetzt was vor, dass ich diesen Menschen, also ich bin deswegen eher in den Begriffen mögen, also ich verbringe gerne Zeit mit der Menschen, also Zeit ist meine Liebessprache, zu sagen, ich möchte einfach Zeit mit der Person verbringen und dann die körperliche Nähe. Das ist sozusagen diese beiden Sprachen, die für mich eng verbunden sind, mit Geschenken, Komplimenten und so weiter kann man bei mir überhaupt nicht punkten. Also das ist im Gegenteil. Da fühle ich mich schnell manipuliert, dass der andere jetzt etwas von mir will. Das ist für mich in der Form besetzt. Mir sind diese Sachen natürlich bewusst und ich kann heute ein bisschen besser die Sachen rausnehmen und sagen, okay, vielleicht ist es einfach seine Sprache und der will mich jetzt nicht manipulieren oder so.

Aber es ist für mich weiterhin so dieses Fragen, liebe ich eine Person wirklich, wenn ich mich so und so verhalte oder wenn ich mich so und so empfinde, weil das Gefühl, jemandem zu vermitteln, was ich wirklich empfinde, also sozusagen, wie groß wäre das Loch, wenn diese Person nicht mehr da wäre in meinem Leben und ist das ein Ausdruck von Liebe, wenn das Loch möglichst groß ist oder darf ich eben mein alter Glaubenssatz aus dem Augen, aus dem Sinn, was mir möglich macht, mich sehr schnell auch wieder zu lösen, ist das dann trotzdem Zuneigung und Liebe, wenn ich sage, okay, wenn ich jetzt gehe nach einer Woche, bist du in meinem Kopf sozusagen keine Relevanz mehr oder so. Also, weil das ist für manche eventuell sehr verletzend zu sagen, wenn ich gehe, ist der Kontakt abgeschlossen. Ich trage dich nicht wochenlang mit mir herum in meinem Kopf. Sie merken da ist so ganz viel, viele Richtungen, ne?

A: Ja, jaja, genau. Das finde ich ganz spannend und finde ich ein total wichtiger Punkt, was heißt es eigentlich, mich geliebt zu fühlen, das ist, wie Sie sagen, für Sie ist das so ein Wort, das macht gar nicht so viel Sinn, aber jemanden zu mögen, mit ihrem Zeit verbringen zu wollen und die körperliche Nähe haben zu wollen, ja, das wären so, und dann können Sie ja gucken, ob Sie Lust haben, das zu beantworten, aber die Frage, wie fühlen Sie sich denn, wenn das möglich wird, wenn Sie das haben können? Ja, was ist das für ein Zustand innerlich? Vielleicht gibt es Worte dazu, den zu beschreiben, vielleicht auch nicht.

M: Es kommt darauf an, weil es sind eben unterschiedliche Situationen, das eine ist die reine körperliche Nähe, die jetzt noch nicht sexuell aufgeladen ist, aber in dem Moment, wo sie sexuell aufgeladen ist, wo ich selber wieder gerade mehr Bedürfnis an Sexualität habe, was ein Unterschied ist zu reiner körperlicher, geistiger Nähe, weil das ist auch etwas, mir ist es sehr wichtig, mich geistig mit einem Menschen zu verbinden, also auf der sowohl kognitiven, aber vor allen Dingen auf der, weil das ist wiederum mein Bedürfnis von damals, nicht gesehen zu werden, oder zumindest der Glaubenssatz, ich werde nicht sehen, ich werde nicht verstanden, wobei ich aber auch wiederum Strategien hatte, wegzulaufen. Also ich weiß nicht, ob Sie mit den Prophezeiungen von Celestine kennen, diese Kontrolldramen.

A: Nee, das kenne ich nicht.

M: Also da gibt es so verschiedene Konzepte, wie sozusagen Menschen gegenseitig, wenn sie in die Gefahr laufen, die Kontrolle zu verlieren, also Dinge passieren, die sie nicht mehr unter Kontrolle haben, dass sie in bestimmte Muster einsteigen. Und ein Muster von den vier Grundstrukturen ist der Unnahbare, das heißt, der zieht sich raus, geht weg aus dem Kontakt, in der Hoffnung, dass der andere hinterherläuft. Und das war mein ganz starkes Element, wo ich tatsächlich später gemerkt habe, ja, genau, ich bin weggelaufen. Ich habe mich nicht fotografieren lassen. Ich bin weggegangen in der Hoffnung, also natürlich nicht in der reflektierten Form, aber das war eine Standardform, was wiederum erlernt ist, wenn Sie jemanden in der Familie haben, wenn die Eltern sich ständig mit Fragen bombardieren, wo warst du, was hast du gemacht und so.

A: Natürlich.

M: Und dann ist das die Gegenstrategie, zu sagen, na, ich ziehe mich zurück und merke ja, dass ich die Energie der Eltern bekomme, ihre Aufmerksamkeit, weil das ist ja auch in NARM wiederum, was sind unsere Strategien, um eben die Aufmerksamkeit der Eltern zu bekommen, damit wir ja unsere Bedürfnisse erfüllt bekommen, die wir als Kind, als Baby noch nicht in der Lage sind, selbst zu erfüllen. Das heißt, ich brauche die Aufmerksamkeit der Eltern, damit ich was zu essen bekomme.

A: Genau.

M: Und wie erreiche ich das? Indem ich gar nichts sage, weil die Eltern dann, wenn es keine Geräusche gibt, dann gucken sie nach. Oder muss ich Geräusche machen, damit die Eltern kommen und nach mir sehen, weil ich es sonst vergessen werde. Komme nochmal zurück zu der Nähe. Also, die geistige Nähe ist ein Element, die sehr schön verknüpft ist, wenn ich mich einem Menschen geistig angenähert habe, zumindest wenn es weibliche waren, habe ich auch sehr schnell einen sexuellen Bezug, dahingehend, dass ich auch diese körperliche Nähe möchte, bis hin zur Vereinigung. Also, sozusagen, die Verschmelzung mit dem Geist, auch die Verschmelzung des Körpers triggert.

Und dann ist es manchmal so, wenn dann das Sexuelle gerade wieder aktiv ist und so die Bedürfnisse wirklich nach körperlicher Lust hochkommt, dass dann wiederum Glaubenssätze aktiv werden, so von wegen, benutze ich den Menschen jetzt für die Befriedigung meiner sexuellen Bedürfnisse und bin ich wieder nicht sozusagen im Kontakt mit der Person, sondern benutze ich sie jetzt. Also, auch da sind noch so Sachen zum Nachspüren, wo ich denke, nee, ich möchte ja trotzdem mit der Person das erleben und das ist mir nicht egal, weil wenn mir die Person egal wäre, würde ich im Endeffekt Solo-Sex praktizieren und nicht im Endeffekt mit einer Interaktion, weil es ist manchmal auch sehr anstrengend, mit der anderen Person zusammenzukommen, egal wie stark man in Beziehung ist. Der Alltag ist manchmal sehr stressig, sehr vollgeladen.

A: Ja, natürlich.

M: Also, es sind ganz viele Sachen, die da reinspielen. Jetzt habe ich langsam doch die Frage vergessen.

A: Macht nichts. Mir fällt trotzdem was ein, was ich sagen kann. Das Spannende, wie Sie es gerade beschreiben, ist ja, ne, es gibt den natürlichen Impuls, dann die Lust mit der Person Sex zu haben und dann kommt so ein alter stoppender Gedanke, der sagt, oh, aber nicht, dass ich die Person benutze. Das ist ein gutes Beispiel dafür, ja, wie so noch so ein Stückchen von so einem Damm noch kommt. Ah, aber, ah, ich darf nicht benutzen. Ich darf nicht, wenn ich einen Kontaktwunsch habe, sei es Sex, sei es Kontakt, sei es Unterhalten, ah, ich darf nicht. Das ist irgendwie gefährlich oder eine Idee darüber, wie das aussehen soll und was, wie es nicht sein darf, die dann einem so reinschiebt.

Also an der Stelle, das ist ein gutes Beispiel, wie das, der natürliche Impuls ist da und schon spürbar und bei anderen Menschen sind diese alten Strategien so stark, dass vielleicht der Impuls auch schon so weit verschüttet ist, dass er gerade nicht zu spüren ist. Aber das heißt nicht, dass der nicht da ist, sondern ganz im Gegenteil, der wird irgendwo da sein und da ist es diese sanfte Arbeit, die dann dafür den Raum wieder öffnen kann.

M: Das führt mich gedanklich auch auf das Thema eher so eine gesellschaftliche Ebene auch mal zu schauen, weil gerade diese Tabuisierung bestimmter, sozusagen die Leichtigkeit mit anderen Menschen Sex auszuleben, weil das ist so, ja, wir sind zwar eine sehr sexualisierte Gesellschaft, aber die Freiheit eben in so eine Körperlichkeit zu kommen, diesen Impuls nachzugeben. Also ich erlebe es zum Beispiel, gerade wenn ich jüngere Menschen sehe, natürlich Weiblichkeit, wo einfach allein diese Jugendhaftigkeit einen Energieimpuls für mich überträgt, zu sagen, es ist einfach eine Form von Lebendigkeit, je nachdem, wie sich die Person natürlich auch bewegt, wie sie sich gibt und so weiter, aber so diesen, so einen gewissen Sog zu spüren, wo, boah, das ist Lebendigkeit, die mich anzieht.

Und dann zu sagen, boah, das darfst du aber nicht. Im Endeffekt, die Person ist meinetwegen zehn Jahre jünger oder vielleicht auch sogar noch mehr, ist zwar volljährig, also so alles von diesem Rahmen her, alles in Ordnung, trotzdem diese Blockaden, dass man seine sexuellen, also das war für mich zumindest, ja auch wieder eine starke Element, was aus meiner Sicht meine Beziehungsfähigkeit blockiert hat, mich als sexuelles Wesen zu zeigen. Also überhaupt einer Frau zu zeigen, dass ich sie sexuell attraktiv finde und mit ihr diese Körperlichkeit erleben möchte. Und das halt nicht wegdrücke, so von wegen, ach ja, ich mag dich, ich finde dich nett und so weiter, aber das Sexuelle irgendwie auszuklammern, wo ich denke, und wie soll dann eine Beziehung funktionieren?

Also so komplett asexuell ist nicht mein Ding. Also ich weiß sehr wohl, dass ich ein sexuelles Wesen bin, aber das ist sozusagen nur in den eigenen vier Wohnungen und sobald ich draußen mich in der Welt bewege, ist diese Sexualität eben dann abgeschnitten, unterdrückt und das macht ja irgendwie überhaupt keinen Sinn für einen Beziehungsaufbau, das sozusagen nicht transportieren zu können.

A: Ja, es ist spürbar, es gibt eine Sehnsucht danach, auch das, auch Sexualität mit einer anderen Person auszuleben und nicht nur das offene Herz und die Verbindung, auf dem ich mag dich und ich will gern Zeit mit dir verbringen, nee, ich würde auch gerne körperlich auf eine sexuelle Art mit dir Zeit verbringen wollen. Wenn wir da eine Trennung erleben, das hat natürlich auch wieder damit zu tun, was wir über Sexualität lernen mussten. Genau wie Sie sagen, Gesellschaft ist alle Werbung, ist alles extrem sexualisiert und gleichzeitig auch sehr viel Repression, also viel Gedanken darüber eben das, wie Männer Sexualität ausleben sollen, wie Frauen sie ausleben sollen.

Es ist ja noch sehr patriarchal geprägt, also da sind wir noch weit davon entfernt, dass wir wirklich da frei sein können und auch da zu merken, ah, ja, wichtig zu merken, das sind gesellschaftliche Prägungen, die wir dann in der Sozialisation mit unseren Eltern vermittelt bekommen haben und wir sind nicht allein damit, sondern in dieser Gesellschaft geht es uns allen auf eine ähnliche Art und Weise, weil wir dann uns auch merken, na, die sind dann nochmal wirkmächtiger natürlich, ne, weil ich nicht nur an meiner eigenen Geschichte da mich dann davon lösen kann, sondern auch noch mehr erkennen muss, ja, nee, die Menschen, mit denen ich interagiere, sind ja in derselben Gesellschaft groß geworden. Das heißt, die haben vielleicht sogar die gleichen Meinungen und die gleiche Zurückhaltung dahingehend, ne. Und da braucht Befreiung aus meiner Sicht dann tatsächlich größere Räume als nur ein Therapie-1-zu-1-Setting, sondern vielmehr dann Gruppenräume oder Begegnungsmöglichkeiten, in denen man sich dazu austauscht und eben vielleicht befreien kann von moralisierenden Vorstellungen und über das Ausleben von Sexualität.

M: Da würde ich gerne noch einen Aspekt aufgreifen, weil bei NARM geht es ja dann auch zumindest so ein Stück weit diese Betrachtung, wobei ich denke, ob das im therapeutischen Klientenverhältnis jetzt die Rolle spielt, weiß nicht. In der theoretischen Betrachtung war es halt sehr stark das Thema mit dem Scham und Schuld.

A: Ja.

M: Was ja eben genau diese gesellschaftlichen Methoden sind, um Menschen in einen bestimmten Konformismus zu zwingen, dass man es total, eben bestimmte Arten und Weisen, Sexualität auszudrücken oder überhaupt, dass Sexualität in der Öffentlichkeit trotz der sexualisierten Werbung selber aber nicht ausgedrückt werden darf und das eben mit Scham belegt wird, damit man genau diese Unterdrückung in den Menschen sozusagen installiert. Und dann vielleicht noch, weil auch das Thema Trauma ist ja in NARM, aus meiner Sicht zumindest von dem Gedanken her, also das sind eben nicht so große Ereignisse, sondern es sind diese kleinen Enttäuschungen, diese kleinen Zurückweisungen, diese kleinen, beziehungsweise kleinen sind sie halt für uns damals nicht, sondern sie sind ja dann lebensbedrohlich, weil wir ja keine Umgangsform haben, diesen Dingen auszuweichen.

Und dann wird letztlich dieser Damm gebaut, um irgendwie diesen Schutzmechanismus zu machen, der dann eigentlich ein verkörpertes Trauma auch darstellen kann, um, ja, mit der Situation klarzukommen, in irgendeiner Form weiterzukommen, dass einem eben das, was jetzt passiert, gerade nicht überfordert oder halt komplett rauskickt, sondern es irgendwie weitergeht. Und da wäre für mich auch nochmal, wie das dann sozusagen funktioniert, sich diesen, weil für mich ist Scham ein sehr komplexes und schwieriges Gefühl, mit dem so von wegen, ja schäm dich doch nicht. Also das wäre noch schlimmer dann sozusagen, ja, weil es ist ja schon da. Also dieses Gefühl ist ja schon installiert in dem Moment. Das heißt, wie komme ich dann sozusagen an diesem Moment weiter zu sagen, oh, ich spüre das jetzt, ich schäme mich, ich traue mich gar nicht, das zu sagen, überhaupt sprachfähig zu werden, zu sagen, das erst mal auszusprechen. Ja, und dann…

A: Genau. Und dann ist es erst mal schwierig, weil keine Sprache mehr da ist, ne. Und wenn das, so eine Situation, zum Beispiel eine Therapiesituation entsteht, dann, wie gesagt, dann ist man, in der Situation ist man ja nicht alleine. Dann würde ich auch mal fragen, vielleicht, naja, also je nachdem, wie weit die Person in der Scham ist, aber es gibt unterschiedliche Möglichkeiten. Eine interessante Frage finde ich auch, was ist denn unter der Scham? Weil die Scham braucht viel Zeit oder viel Energie und manchmal erleben wir sie als Gefühl, aber im NARM wird sie oft eher als Prozess gesehen, dass da eine Beschämung stattfindet.

Früher wurde ich von meinen Eltern beschämt, heute beschäme ich mich selber. Da wieder Möglichkeit, das was zu verändern und zu gucken, ja, und was liegt unter der Scham? Mit dem Gedanken, da ist was, was eigentlich frei sein will und schamlos oder sogar unverschämt leben möchte. Die Idee, das gibt wie so einen Kern darunter, ja, der die Dinge durch Scham, verschiedenste Schamsätze und so weiter also zurück und wegdrücken.

M: Die beiden Begriffe gerade genommen haben, unverschämt, was noch ein bisschen freundlich genannt, aber, was war der zweite?

A: Schamlos.

M: Schamlos, genau. Was ja dann schon ein sehr hartes Urteil enthält, wenn man das von jemandem: Du bist jetzt total schamlos! Das, also so nach dem Motto, das gehört sich nicht, das ist nicht in Ordnung und sonst irgendwo. Da merke ich sofort, mit diesen Begriffen hat man genau diese, aus meiner Sicht, auch gesellschaftlichen Prägungen.

A: Genau.

M: Da hat man die sozusagen direkt in der Hand und merkt man, ja, genau, da sind im Endeffekt die gesellschaftlich gesetzten Grenzen, die aber nicht meiner Lebensenergie entsprechen.

A: Genau.

M: Weil eben genau das ist das, was dann nicht in den Fluss kommt. Sind wir wieder beim Wasserbild, beim strömenden, reißenden Lebendigkeitsfluss. Lebendigkeit ist auch noch ein Punkt, den ich gern auch nochmal aufgreifen möchte, weil das ist nämlich etwas, was ich in meiner Entwicklungsreise dann gemerkt habe, als ich damals durch ein Ereignis mich von meinen Emotionen abgekoppelt habe. Also dieses komplette Abschneiden, weil genau diese Affekte durften nicht mehr auftreten, weil sie damals für mich lebensbedrohlich geworden sind und dann zu merken, irgendwann mal, 10, 15 Jahre später, was das für meine Lebendigkeit oder meine Fähigkeit, mich lebendig zu fühlen, überhaupt gemacht hat.

Weil, und für heute ist es immer noch, ich kann da reingehen, ich kann meine Emotionen spüren, was viel Lebendigkeit für mich bedeutet inzwischen oder inzwischen wieder, weil ich habe leider keine klaren Erinnerungen, wie das für mich als Kind war, bevor dieses Ereignis war, wie ich tatsächlich zu Emotionen stand. Ob ich schon sehr kognitiv, vorher schon, weil auch da habe ich Rückmeldungen, dass ich weiß, dass ich sehr neunmal klug aufgetreten bin, also diskussionstechnisch habe ich mir nie die Butter vom Brot nehmen lassen und eigentlich immer mein Ding gemacht. Aber wie das auf der emotionalen Ebene aussah, kann ich überhaupt rückwirkend gar nicht mehr einschätzen, weil da fehlen mir einfach klare Erinnerungen, dass ich sagen könnte, ich habe da noch eine Vorstellung, wie sich das angefühlt hat oder so.

Deswegen für mich heute immer noch so eine Beschäftigungsfrage, wie fühle ich mich lebendiger? Also wie kann ich sozusagen mehr Lebendigkeit in mein Leben holen? Und umgekehrt dann wieder die kognitive Gegenanalyse, zu sagen, bin ich süchtig? Also sozusagen bin ich da einem Pfad aufgesessen, wo ich mir denke, du bist doch schon lebendig, es ist doch schon alles da. Du musst es nur, oder wieder das müssen, wenn das reinkommt, sondern einfach nur in mich rein spüren und merken, allein wenn ich jetzt hier rede und merke, dass so Gefühle aufsteigen, Emotionen dabei sind, mir eben für mich immer das Sinnbild, das Wasser in die Augen schließt, das ist für mich die emotionale Bewegtheit und das verbinde ich heute mit Lebendigkeit.

Und ich muss mich eigentlich gar nicht mehr fragen, wie kriege ich da mehr Lebendigkeit rein, sondern einfach nur sagen, wo kriege ich den nächsten Moment, wo ich mit Menschen in einen Kontakt gehen kann, der mich diese Lebendigkeit eben spüren lässt, weil wir uns gegenseitig so sehr begegnen, so berühren, dass wir beide in diese Lebendigkeit eintreten, dass man dann miteinander letztlich weinend, nicht von Traurigkeit, sondern vor Bewegtheit, Berührtheit, miteinander das Wasser in Bewegung hält, im wahrsten Sinne des Wortes, wie es dann durch das ganze Gesicht läuft. Also genau, aber eben immer auch diese vielen Abwägungen, Gedanken, die sagen, suche ich da noch was oder bin ich schon längst angekommen?

A: Ja, ich finde, ich musste gerade grinsen, als Sie gesagt haben, eben die Suche nach Lebendigkeit oder bin ich süchtig nach Lebendigkeit, weil ich finde eigentlich eine Sehnsucht nach mehr Lebendigkeit ist wunderschön und gleichzeitig, ich glaube, das ist das, was Sie merken, ist der Punkt, wo, naja, oder mache ich gerade wieder ein Problem, aus was, wo eigentlich alles in Ordnung ist, wo ich eigentlich gerade, zum Beispiel jetzt gerade, wo wir uns über diese spannende Themen unterhalten, einfach nur genießen könnte. Und wenn ich mir dann mich frage, ja, oder bin ich süchtig? Bin ich süchtig heißt ja, hm, mache ich eigentlich schon wieder irgendwas falsch.

Dann gehe ich ja auch aus diesem schönen Moment gerade, passiert ja gerade nicht, Sie haben es ja nur theoretisch erwähnt, aber weg und stelle mich in Frage, ne, und das ist wieder so eine Art, eben so eine Art, wie wir uns beschämen und aus dem Moment weggehen, wo es gerade geschieht und Genuss möglich ist. Und gleichzeitig finde ich, es kann auch ein total valider Wunsch sein, zu sagen, oh, ich hatte Lust, mich noch lebendiger zu fühlen, weil ich merke, hier und da halte ich mich doch noch zurück. Ja, und ich glaube, ehrlich gesagt, Suchtmittel sind eigentlich immer auf irgendeine Art Wege über unsere Dämme hinweg zu kommen und uns mal kurz lebendig zu fühlen, ohne dass ich den Damm loslassen muss. Deswegen ist die Lebendigkeit, die Sehnsucht, das Sehnsuchtsgefühl, was hinter vielen Suchtmittelproblematiken steckt, sodass ich, glaube ich, eine Sucht nach Lebendigkeit, das ist wie so, wir sind ja Menschen, das ist wie so, ich glaube, das ist tief in uns angelegt, dass wir uns so lebendig wie irgend möglich fühlen wollen und daran ist ja nichts falsch.

M: Genau, das ist für mich das Bild, wo ich mich immer wieder auch beschäftigt habe, die Frage nämlich nach oder überhaupt mit Süchten und auch für mich reflektiert habe, versuchen, wie anfällig bin ich dafür und zu verstehen, oder zumindest ist mein Gedanke, ich kann das natürlich nicht aus der Perspektive von anderen Menschen, sondern nur aus meinem Erleben dann sagen, dass aus meiner Sicht genau dieser Mangel an Lebendigkeit oder eben überhaupt Mangelerfahrung, dass die Süchte nur funktionieren als Ablenkung, um sich über diesen Mangel sozusagen hinwegzutäuschen, statt in dem Moment, wo ich eben, eben in die Fülle, in die Lebendigkeit, in dieses Spüren tatsächlich eintauchen kann und merke, da ist genug für mich da, also das füllt mich tatsächlich aus, dass ich eigentlich überhaupt nicht mehr anfällig sein kann für Süchte, weil sie gar keinen Anker bekommen.

Also sozusagen für mich wieder so das gesellschaftliche Bild, was für mich da reinschwingt, je mehr wir mit Süchten ein Problem haben, also tatsächlich, ob materielle Süchte oder halt Substanzsüchte oder so in der Richtung, dass das eigentlich ein destruktives Zeichen für die Gesellschaft ist, zu sagen, hier läuft was grandios schief, weil eben wir nicht das leben, was wir sind. Wir leben nicht. Und dass da eigentlich für mich auch dann die Warnsignale stehen, zu sagen, dass wir so viel Bedarf und versuchen mit Gesetzen und versuchen gegen Süchte gegenzusteuern, ist letztlich schon der problematische Ansatz, weil wir kommen nicht an die Ursachen ran. Wir kommen nicht daran, zu sagen, unsere Gesellschaft so zu gestalten, dass sie nicht mehr uns zwingt, diese Dämme zu bauen, mit denen wir im Endeffekt in der Lebendigkeit sonst bleiben könnten oder zu versuchen könnten, einfach miteinander uns zu begegnen. Also die Begegnungsräume, das ist das, was für mich auch so schwer ist, noch zu greifen, zu sagen, wo kann ich Begegnungsräume finden, wo ich genau diese Lebendigkeit, wo ich mich mitteilen kann, wo ich mit anderen Menschen sein kann, ohne in irgendeiner Form sein zu müssen.

A: Genau, ja, wo ich sein kann, ohne irgendwie anders sein zu müssen, als ich bin, wo ich einfach sein kann, wie ich bin. Und das bringt mich nochmal zurück, weil das finde ich auch eine total schöne Formulierung für mich geliebt fühlen. Ich fühle mich geliebt, wenn ich ganz so sein kann, wie ich bin. Und das ist in Ordnung. Ah. Ne? Und dafür Räume zu schaffen, finde ich ein total schönes Anliegen. Absolut. Und ich bin auch einverstanden mit dem, was Sie sagen über Sucht und dass das ein Zeichen ist in der Gesellschaft, dass viele Menschen eben sehr unglücklich sind. Und ob die Frage, ob es vermeidbar ist, in der Entwicklung diese Dämme zu bauen, das weiß ich nicht. Ob das überhaupt möglich ist.

Im NARM wird es ja, im NARM wird ja auch als Heilung von Entwicklungstraumata beschrieben. Und also im Kontrast zu Schocktraumata, wo man sagt, das ist ein Ereignis, ne, wie ein Autounfall oder sowas, was einen beeinflusst hat. Das ist im Entwicklungstrauma das, was Jahr für Jahr, Woche für Woche, Tag für Tag, immer wieder mussten wir bestimmte Dinge erleben. Und was dann auf eine ganz andere Art und Weise in unser so Gewordensein oder unsere Identität mit übergegangen ist. Und jetzt habe ich den Faden verloren.

M: Genau, die Notwendigkeit der Dämme. Also sozusagen, dass wir diese Erfahrung, die wir Woche für Woche, also ein Beispiel, was mir da sofort entfällt, aus meiner Prägung, das Erleben der Schule und die Bewertung sozusagen der Leistung. Das heißt, also wenn man das mal als Beispiel nimmt, wie sozusagen ein Damm gesellschaftlich in einem errichtet wird, dass man sagt, das könnte eine komplett andere Struktur und Umgangsweise sein, dass zumindest dieser Damm nicht mehr in dieser Größe auf jeden Fall errichtet werden müsste, den man dann später versucht, wieder loszuwerden. Diese ganzen Schamgefühle, das Beschämtwerden durch die Lehrer vor der Klasse, das Bewerten, nicht gut genug zu sein, weil wer kriegt schon Nummer 1,0 und sonst irgendwas?

A: Absolut. Sehr gutes Beispiel, wo der Fokus eben auf die Leistung so stark gelegt wird, ne und so viel weniger auf das Miteinander oder zumindest in der klassischen Schulform. Mittlerweile gibt es ja zum Glück auch einige Schulen, die das anders handhaben und wo es dann viele Jahre erstmal gar keine Noten gibt, bis zur 9. Klasse zum Beispiel, manchmal. Also da gibt es zum Glück ja neue Entwicklungen. Also das heißt, dass wäre ein gesellschaftliches Beispiel, wo wir eben diesen Fokus auf Leistung und Bewertung sehr früh drin reinkriegen und der so eine große Relevanz bekommt.

Was ich eben noch sagen wollte, bezogen auf Entwicklungstraumata, war das, ich finde Entwicklungstraumata oder Trauma einen schwierigen Begriff, weil aus meiner Sicht auch NARM hilfreich ist, wenn ich nicht unbedingt ein Entwicklungstrauma habe, aber eigentlich für alle eben auch subtileren Prägungen. Es gibt keine idealen Eltern oder perfekten Eltern. Alle Eltern sind auch Menschen und haben ihre Wege und ihre Arten, wie sie zugänglicher sind. Und die Kinder sind eben Meister darin, sich anzupassen. Und eben auch subtilere Anpassungen machen es im Leben später manchmal dann doch noch mal schwieriger. Und ich glaube, dass sich diese Dämme nicht ganz wirklich vermeiden lassen.

Aber, wie Sie beschreiben, andere gesellschaftliche Dämme werden definitiv möglich zu vermeiden. Vor allem auch mit einem, das finde ich in NARM auch so schön, einem viel vertrauensvolleren Blick auf den Menschen. Ja, wo da auch das Kind in der Schule nicht getriezt werden muss und angespornt werden muss, sondern die meisten Kinder, denen es einigermaßen gut geht, nämlich sind extrem neugierig und wollen was lernen. Was machen die meisten Schulen? Sie nehmen ihnen alles Interesse und allen Drang zu lernen, weil sie bestimmte Dinge vorgeben, die dann halt doch niemanden so richtig interessieren. Also, ne, diesen natürlichen Impuls, die sind eben diese Lebendigkeit, in denen wir ja in vielen Kindern eins zu eins immer beobachten können, auch mit der Bewegungsfreudigkeit und allem, dem Raum zu geben. Und ja, klar, zu kanalisieren und auch mal eine Richtung zu geben, da spricht überhaupt nichts dagegen. Aber es so einzukasteln, bis dann dieses Interesse verloren geht, das ist dann halt schade, ne?

M: Genau. Das ist eben wie die Gesellschaft, es schafft eine Gesellschaft zu sein, ohne ihre Mitglieder dabei so umzuformen, dass sie eigentlich das Menschsein in irgendeiner Form verlieren, fast schon. Das ist halt dann, das wäre sehr, sehr schade, wenn das so, sag ich mal, beibehalten wird oder wir da nicht irgendwie so ein bisschen mehr einen Bogen bekommen, dass eigentlich die Gesellschaft wieder menschlicher wird. Also wirklich für Menschen, ich habe das mal irgendwo gelesen, wo es mal darum, um die Frage ging, ist unsere Gesellschaftsform heute eine sozusagen menschenwürdige Haltungsform für Menschen, wo dann natürlich ganz klar mit dieser Frage auch gemeint ist, ist es nicht.

Also wir sind nicht gut ausgerichtet, wir haben aus welchen Gründen auch immer diese ganzen Strukturen angelegt und gerade dieses Misstrauen dem Menschen gegenüber, das, weil sie haben ja gerade von Vertrauen gesprochen, viele unserer strukturellen Elemente aus meiner Sicht sind geprägt davon, von einem tiefen Grundmisstrauen gegenüber den Menschen, was man auch wieder bis zum religiösen, das Christentum zurückbinden kann, angefangen bis zur Erbsünde. Das heißt, der Mensch ist sündig und damit kann ihm nicht vertraut werden und der muss eingehegt werden in alle möglichen Richtungen, was natürlich ein Riesenproblem darstellt für das Menschsein. Also vieles Fehlverhalten kommt aufgrund dessen, weil ich keine Verbindung mehr zu mir selbst habe und dann kommen irgendwann Suchtverhalten bis hin zu irgendwelchen Überkompensationen, die dann ins Extrem ausfallen, aber aufgrund der fehlenden Mitgefühl, fehlenden Verbindungen bei mir mit anderen und dann kann ich mich plötzlich in dem Sinne vollkommen unmenschlich verhalten, wobei das auch wieder ein absurder Begriff ist.

Alles, was Menschen tun, kann nicht unmenschlich sein, weil es ist ja per se menschlich, aber das sind so Worte, wo man dann anfängt, wenn man die anfängt zu reflektieren, denkt man, die sind vollkommen absurd. Die beschreiben etwas, aber sie beschreiben eine Sehnsucht wiederum, zu sagen, das möchte ich nicht ins Menschsein haben, aber genau damit, mit dieser Spaltung, schaffe ich wieder neue Probleme.

A: Ja, absolut, absolut und ich finde das, wenn Sie das Christen schon ansprechen, kann ich nicht lassen, da noch kurz drauf einzugehen, weil es ist ja die Kirche, die die Menschen dann sozusagen gefangen hat oder versucht zu fangen und, und zu beschämen für ihre Körperlichkeit, für ihre Sexualität, für alles Mögliche, ne. Das ist ja eine Organisation und ich bin selber katholisch aufgewachsen, die das einfach, die Menschen abhängig machen will von sich oder das war in der Vergangenheit noch stärker so, aber der urchristliche Gedanke ist ja eigentlich, dass wir alle eher wie Jesus sind und eben uns gar nicht so beschämen müssen, sondern vielmehr die tatsächlich die Fähigkeit haben, aus Liebe zu leben und das heißt, sehr große Formulierung, aber das heißt ja nichts anderes als in tiefer Verbindung mit mir selbst und mit meinem Gegenüber und mit den Menschen um mich herum und dann, wenn wir in dem Bewusstsein leben, dann entsteht auch keine Gewalt, weil warum würde ich denn jemandem wehtun wollen, das würde ja mir selber Schmerzen zufügen.

M: Genau, das gibt es ja ganz konkret sogar bis hin zu selbstverletzenden Verhalten, wo man merkt, wie stark letztlich die Trennung zur eigenen, gesunden Lebensweise irgendwo ist, die das Leben erhält, statt ihm zu schaden und wenn ich das dann auf andere Menschen übertragen kann, dass ich bereit bin, Menschen zu schaden, Gewalt anzutun, das kann ich nur, wenn ich mich komplett von ihnen trenne, weil die wenigsten Menschen sind tatsächlich in der Lage, sich selbst physischen Schaden zuzufügen. Das heißt, es ist ein sehr schwieriger Umgang dann, wie kriegt man das wieder angebunden? Das heißt, wie kriegt man die Menschen wieder in das Gefühl zurück, dass sie merken, sie sind als Mensch wertvoll.

A: Ja.

M: Und verbunden und sie wieder in das Spürbewusstsein, in das eigene Spürbewusstsein und in das Gesamte zu haben. Aber ja, das ist sozusagen mein Schwerpunkt in dem anderen Podcast, im Utopie-Podcast, wo es tatsächlich noch mehr statt in den individuellen Beziehungsthemen um die gesellschaftliche Ebene geht und was für Rahmenstrukturen dann möglich sind, zu sagen, die auf Vertrauen basieren, die einfach darauf sind, dass wir Menschen Menschen sind und wir als soziale Wesen mit denen, die wir geprägt sind, weil ohne dieses Füreinander-Dasein zu wollen und zu können, also wenn das nicht ein Kernbedürfnis von uns wäre, wären wir nie so erfolgreich in diesen ganzen Evolutionsgeschichten geworden, weil das hat uns unglaublich weit nach vorne gebracht.

Aber halt auch, wir sind sehr anpassungsfähig, wir können uns mit den widrigsten Umständen überleben und existieren, was eben auch die Überlebensstrukturen bei NARM ja sehr schön oder sehr bedrückend zeigen können, was Menschen alles von sich abspalten können, damit sie in einer unvollständigen Struktur weiterhin existieren können und trotzdem noch für den Moment Sinn, Glück, Liebe erleben, ohne dass sie vollständig alles mitbekommen. Aber zumindest irgendwie, sie können weitermachen, sie brechen nicht zusammen, nicht sofort zumindest. Und das ist halt, bis wir dann an solche Punkte tatsächlich kommen, wo uns sozusagen das Leben wieder wachrüttelt, zu sagen, hier fehlt aber trotzdem was. Egal, wie viele Illusionen du dir aufbaust, du bist unvollständig an diesem Punkt jetzt und irgendwann lässt sich halt ein bestimmter Mangel, glaube ich, nicht mehr drüber hinwegsehen.

Aber das ist dann, glaube ich, erst wieder so eine spirituelle Ebene, die, soweit ich gelesen habe, bei NARM hier und da auch ein bisschen eingeflossen ist. Viele, zuletzt hatte ich schamanische Ebenen gelesen, wo einfach viel Sachen sind, wo es darum geht, ja, es gibt sozusagen so einen lebendigen Kreislauf mit allem, wo wir wieder rückgebunden sind und wenn wir Dinge in der Lebendigkeit verloren haben, dass uns das Leben das wieder vor die Augen führt. Das hält uns nicht in dieser selbstbeschränkenden Elementen, sondern wir kriegen diese Wachstumsimpulse immer wieder. Und es ist unsere Entscheidung, dann wieder das Selbstbestimmt, Agency, zu sagen, nehme ich diesen Wachstumsimpuls auf oder bin ich noch nicht so weit? Kann ich mir diese Frage noch nicht stellen, weil das ist ja dann ein extrem großer Schmerz zu merken, wo man sein Potenzial vielleicht lange einfach selber unterdrückt hat, weil auch das ist ja aus meiner Sicht wieder eine Hürde, einzugestehen, oh, zu erkennen, wie viel ich dann selbst mir antue durch diese negativen Schleifen in irgendeiner Form.

A: Total. Und da, das ist auch wie so eine Falle, da muss man aufpassen, ne, sich dafür nicht auch dann doch wieder schuldig zu machen oder sich dafür abzulehnen oder zu bewerten. Und auch die Scham darüber eben vielleicht eben sehr lange noch nie eine Beziehung gehabt zu haben und auch nie jemanden geküsst zu haben, obwohl ich mir das so sehr wünsche. Das ist ja das Herausfordernde, da kommen dann immer noch weitere Schamschichten drüber. Und ich muss auch echt sagen, dann ist es auch natürlich oft schwer, sich damit Hilfe zu suchen, weil auch das berührt die Scham total.

Ich brauche Hilfe, aber ich kann Menschen nur ermutigen, das wirklich zu tun, weil es gibt diese Hilfe und wir können einander darin unterstützen, ne. Auch wenn wir uns so getrennt und alleine fühlen manchmal, das heißt nicht, dass da nicht doch jemand da draußen ist, der es gut mit uns meint und uns wirklich helfen könnte, einen neuen Weg zu finden und dass wir den Wachstumsimpulsen, den uns das Leben bietet, dann auch folgen können. Zu unserem eigenen Wohle, ja, weil auch da, es gibt kein Müssen, aber wir wünschen es uns ja, und das ist ja eben auch so ein tiefer menschlicher Wunsch, dass es uns gut geht und versuchen alles Mögliche, was nicht alles so hilfreich ist, aber es gibt gute Wege und wir haben diesen Impuls in uns und das ist das Schöne.

M: Wenn jetzt jemand, der den Podcast hört, diesen Impuls hat und sich bei NARM so angesprochen fühlt, dass ihn das interessiert, Sie sind im Raum Berlin aktiv?

A: Ja, genau.

M: Haben Sie nur persönliche Sprechstunden oder haben Sie auch digitale Angebote?

A: Ich mache auch Online-Sitzungen.

M: Online, das heißt jemand, der sagt, boah, also hat total super geklungen, ich möchte die Frau einfach mal kontaktieren, ihre Webseite werde ich mit in die Kommentare reinstellen, das heißt, da gibt es dann auch eine direkte Verbindung, wo man sich einfach dann nochmal schauen und lesen kann und sonst, wir sind ja eben auch in der Ausbildung inzwischen aktiv, das heißt, wir kriegen sozusagen auch die Meta-Ebene mit, wie viele Menschen versuchen sozusagen in dieses Angebot einzusteigen und zu sagen, NARM ist ein Konzept, das ich selber sozusagen verinnerlichen möchte, sicherlich auch selber lerne für mich, weil ich denke, von dem, was ich in den Büchern gelesen habe, es ist halt sehr viel Selbsterkenntnis, zu gucken, wo stehe ich selber als Therapeut dann und vor allen Dingen, wie kriege ich das gebacken?

Ich habe das, glaube ich, von anderen Therapierichtungen, das war ja auch damals mal ein Durchbruch, dass der Therapeut mit allem, was er selber mitbringt, auch da sein darf, dass nicht sozusagen der Therapeut sich von allem abtrennen muss, um den Klienten irgendwie zu betreuen, sondern ich denke, bei NARM dürfte es noch stärker sein, dass der Therapeut achtsam mit sich und dem Klienten guckt, was ist da eigentlich gerade hoch und was passiert hier gerade zwischen uns, was ist meins, was ist deins und kriege ich das sortiert? Also ich denke, da ist es wahrscheinlich, Sie kriegen in der Ausbildung dann sicherlich viel von den Reflektionen mit, wie heißt das, Supervision dann in der Regel bei Therapeuten?

A: Genau, es ist tatsächlich eine Ausbildung, auch genau wie Sie sagen, in der die Therapeuten selber auch eine gute Entwicklung durchgehen können. Also man hat die Möglichkeit, wahnsinnig viel für sich selber mitzunehmen an Entwicklung und Reifung und um diesen Raum dann auf eine bestimmte Art zur Verfügung zu stellen, ähnlich wie Sie es beschreiben, genau ne, wir kommen ja aus klassisch die Psychoanalyse, wo der Analytiker nichts von sich sagt und ziemlich abgeschnitten ist. Die NARM würde es nicht darum gehen, so viel von sich zu zeigen oder zu erzählen, aber natürlich als Mensch authentisch da zu sein, als fühlendes Wesen. Also dass es schon auch mal sein kann, dass wir in der Sitzung mal Tränen in den Augen haben, wenn mich was sehr berührt. Und das ist auch besprechbar und ich will noch dazu fügen, genau Menschen können sich gerne bei mir melden.

Ich habe dann auch einige KollegInnen, an die ich auch weiterverweisen kann und gleichzeitig kann man auch einfach auf den üblichen Therapie-Webseiten finden und nach NARM suchen. Gibt es in ganz Deutschland viele verschiedene Menschen und es ist nämlich auch immer wirklich ganz schön, wenn man das wagen möchte, zu jemandem hinzugehen und im gleichen Raum zu sitzen, kann ich auch sehr empfehlen. Online ist auch gut, es ist auf jeden Fall viel besser als gar nichts und es macht viel möglich, aber im gleichen Raum zu sein oder zumindest auch die Möglichkeit zu haben, weil die Person vielleicht nicht allzu weit weg wohnt, hat nochmal eine ganz besondere Komponente.

M: Genau, das erinnert mich daran, ich habe über die NARM-Webseite von Laurence Heller selber, hatte ich auch ihren Kontakt gefunden, weil ich da dann immer mal geschaut habe, mit wem könnte ich jetzt so einen Podcast machen und bin ich einfach auf ihrer Webseite dann hängen geblieben. Genau, dass ich die auch noch in die Kommentare mit reinmache, damit einfach dort auch dieses gesamtdeutschsprachigen Raum, die Kontakte, sozusagen die Möglichkeit ist, das auch regional zu gucken, damit man eben auch die Möglichkeit der direkten Begegnung hat, was ich denke, auch generell eben Absoluten Beginner, aber auch alle anderen Menschen, die einfach gucken möchten, wo sie aus meiner Sicht noch ein bisschen Lebendigkeit mehr haben möchten, wo sie spüren, ach, ich könnte doch mal ausprobieren, ob das was für mich ist und ob es mir in meinen Lebensfragen aktuell weiterhilft, weil das ist ja eigentlich das, was uns aus meiner Sicht vorantreibt, die Lebensfragen, die uns immer wieder auf dem Tisch liegen und vielleicht irgendwo schaffen es wir alleine halt nicht zu verstehen, warum kriege ich immer wieder die gleiche Frage auf den Tisch.

A: Ganz genau. Und das ist auch völlig in Ordnung, ne, das müssen wir nicht alleine hinkriegen.

M: Genau.

A: Dafür haben wir ja insgesamt einander sozusagen, das miteinander zu machen.

M: Vielen Dank für das Gespräch. Ich bin erst mal sehr begeistert für unsere Unterhaltung und ich hoffe, dass diese Begeisterung auch auf viele Zuhörys überspringt, zu sagen, boah, das ist mal ein Ansatz, das will ich mich mehr mit beschäftigen, mich dafür informieren und es gibt im Zweifelsfall auch die Bücher, wo man sich tief einlesen kann, was ich nur empfehlen kann, wenn man vielleicht auch, so wie ich, ein bisschen so theoretische Hintergrundsachen sehr faszinierend findet. Möchten Sie noch einem Impuls folgen? Haben Sie noch etwas, was Sie gerne zum Abschluss noch in die Runde geben möchten? Ansonsten sage ich vielen Dank für heute und es hat mich sehr gefreut, dass Sie sich die Zeit genommen haben und mit dabei waren. Danke.

A: Ja, vielen, vielen Dank für die Einladung, mir hat es auch super Spaß gemacht und ich habe das Gefühl, es ist alles gesagt.