Liebe Menschen dort draußen,
oft passiert es, dass ich nicht weiß, welche Erwartungen und Vorstellungen andere Menschen haben. Vielleicht wissen sie es selbst nicht einmal.

Mir sind dieses Jahr nur wenige Weihnachts- und Neujahrswünsche begegnet und Nein, sie fehlen mir nicht. Im Gegenteil. Beim Ersten dieser Wünsche war ich dieses Jahr so schockiert, dass ich diesen überhaupt nicht aufgegriffen habe, soweit ich mich erinnern kann. Natürlich war ich nicht über den Wunsch schockiert, sondern darüber wie tief manche Veränderungen in mir gehen.

Meine Gedanken und Reflexionen dazu möchte ich gerne mit Euch teilen, weil ich gerne mit Euch in Verbindung bleiben möchte und ich das Bedürfnis habe Euch zu sagen, warum ich Euch trotzdem keine Weihnachts- oder Neujahreswünsche schreibe. (PS: Für Geburtstagswünsche gilt dieses ebenso.)

Zurück zum Grund des Schocks. Ich kann mich noch an die Zeit erinnern, in der ich Vollzeit einer Arbeit nachgegangen bin. Besonders die Jahre in denen ich meinen Urlaub nur wiederwillig genommen habe, weil die Arbeit Freude und das Verdienen des Lebensunterhalts eher eine schöne Begleiterscheinung gewesen ist. So hatte ich in mehreren Jahren in Dezember und Januar oft „zwangsweise“ vier Wochen freie Zeit. Generell erinnere ich mich daran, wie für mich die letzten Kalenderwochen des Jahres irgendwie aus der Zeit gefallen sind. Dabei war es natürlich ich, der aus seinem Alltagstrott gefallen ist und regelmäßig ein Motivationsproblem hatte in diesen zurückzukehren. Es hat immer wieder Wochen gedauert von einem zeitlosen Leben wieder im getakteten Leben Fuß zu fassen.

Nachdem ich über einen längeren Zeitraum inzwischen komplett aus diesem getakteten Leben bis auf weiteres ausgestiegen bin, kommen mir die Rituale rund um diese letzten Tage des Jahres immer symbolhafter vor. Diese Veränderung meiner Perspektive ist es die mich zunächst einmal fasziniert und mich reizt darüber zu reflektieren, warum Wünsche bezogen auf diese Tage in mir selbst vor allem Widerstand hervorrufen. Wie immer gibt es unterschiedlichste Antworten auf diese Frage und alle sind auf ihrer Weise wahr.

Am stärksten sind es wohl zwei Punkte, die diesen Widerstand in mir hervorrufen. Der eine ist, dass Misstrauen darüber ob die jeweiligen Wünsche einen Inhalt besitzen oder doch Floskeln sind. Für mich sind die Anlässe vollkommen Nichtig. Es fällt mir schwer eine Analogie zu finden, die meinen Abstand zu diesen Ritualen zum Ausdruck bringen kann. Insbesondere aus einem Gedanken heraus: Ich versuche weiterhin das Grundgefühl von Agape in mir zu kultivieren. In diesem Zusammenhang erscheint es mir widersprüchlich eine besondere Verbundenheit, um die Weihnachtszeit herum zu propagieren, weil es gleichzeitig ein weniger an Verbundenheit für die anderen Tage geradezu notwendig macht.

Der zweite Punkt bezieht sich auf die willkürliche Heraushebung eines Tages im Jahr, um es für beendet zu erklären. Nicht einmal auf der Erde wird dieser Tag einhellig begangen. Die ganzen Geschichten welche sich um diese Zeit drehen wirkt aus einer rationalen Perspektive so absurd, dass es mich sofort zum Schmunzeln bringt. Natürlich sind die Geschichten schön und wir Menschen narrative Wesen. Eine gute Geschichte bleibt aber trotzdem nur eine Geschichte.

So treiben mich viele Gedanken um und ich komme mir bei solchen Gelegenheiten vor, als wäre ich nicht nur aus der Zeit, sondern auch aus der Realität gefallen, die so vielen Menschen so wirklich vorkommt. Aus der Betrachtung heraus, dass das Leben immer nur im Jetzt stattfindet und Gestern und Morgen nur Konstruktionen in unserem Geist sind, wirken diese Dinge geradezu erschreckend einfältig.

Was mich zu dem Teil bringt, welcher mir hierbei Sorge bereitet und der Grund ist, warum ich diese Gedanken in dieser Form in die Welt gebe: Gibt es Menschen dort draußen, für die meine Gedanken irgendeinen Sinn ergeben?

Mir ist es wichtig mit Menschen zu kommunizieren und mich auch über die Sprache mit ihnen verbinden zu können. Was passiert aber, wenn wir zwar die gleichen Worte verwenden, aber aufgrund meines Erlebens diese Worte für mich inzwischen mit einer anderen Bedeutung aufgeladen sind. Natürlich habe ich noch eine Vorstellung davon, was jemand meint, wenn er vom Geist der Weihnacht spricht. Aber diese Vorstellung wird immer vager. Wenn ich das Feuerwerk für Silvester in den Geschäften sehe, kommt mir dieses genauso ritualisiert vor wie die Oblaten als Hostie in katholischen Kirchen.

Daher wünsche ich Euch allen ein schönes (Er-)Leben im Hier und Jetzt unabhängig von Ort und Zeit. Möget Ihr alle das Erfahren und Erleben was Ihr sucht und das Bekommen wonach Euer Geist, Eure Seele und Euer Körper bedürfen.

Liebe Grüße
Martin Finger