Nachdem ich in der Zwei-Welten-Theorie (2WT) die Rolle von Geistos und Physos beschrieben habe, geht es in diesem Beitrag um Axiome zur 2WT. Also grundlegende Festlegungen, mit denen sowohl die Existenz des Individuums sowie dessen Eigenschaft „frei zu sein“ postuliert werden sollen.

1. Axiom: Ich bin.

Bereits das Wort Ich beinhaltet die vollumfängliche Aussage der Existenz. Natürlich nur aufgrund der tautologischen Konstruktion, weil wir mit dem Begriff Ich uns selbst in der Sprache abbilden. Die Verbindung zwischen dem sprachlichen Abbild und unserer Existenz erlernen wir in unseren ersten Lebensjahren, sowie die Kontrolle über unseren Körper und dessen Erkennen im Spiegel.

Die Verwendung von bin wiederholt die Existenzaussage, welche durch das Ich bereits ausgedrückt wird. Es ist wichtig verschiedene Formen von Existenz zu unterscheiden. Zum einen eine passive Form von Existenz, welche von uns einem leblosen Objekt zugeschrieben wird, welches selbst allerdings keinen Einfluss auf seine Existenz nehmen kann und auch nicht in der Lage ist, die Bedeutung des 1. Axioms zu erfassen.

Daneben gibt es die aktive Form der Existenz. Diese beinhaltet – in der minimalsten Form – die Fähigkeit, auf die eigene Existenz Einfluss zu nehmen. Dies ist allen lebenden Subjekten zu eigen, wobei hier die Bedeutung des Wortes „lebenden“ tautologisch ist. Ebenso ist die Bedeutung von Leben und Subjekt zum Teil redundant. Die allumfassendste Form der aktiven Existenz beinhaltet die Fähigkeit, über die eigene Existenz zu reflektieren sowie diese auch in Frage zu stellen.

Während das Ich zunächst so verstanden werden könnte, dass es nur unserem Geist aus Geistos entspricht, führt der Sprechakt zu einer Verbindung von Geist und Körper. Wenn ich sage „Ich bin.“, dann umfasst mein Sprechakt sowohl meinen Geist, welcher den Sprechakt initiiert, als auch meinen Körper, welcher diesen Sprechakt ausführt. Dadurch verbinde ich beide Elemente zu einer Entität. Der Sprechakt entspricht damit der Kopplung von Geistos und Physos in der physischen Existenz unseres Gehirns, wie in der 2WT beschrieben. Kann ich das 1. Axiom nur denken, also in meinem Geist formulieren, ohne Verbindung zu einer Repräsentation in Physos zu haben, bleibt die Existenz eines Körpers ungewiss. Die Existenz des Geistes bleibt für den Geist gewiss, auch wenn er nicht mit anderen Geistern über seine Existenz in Austausch treten kann und somit keine Möglichkeit erhält, seine Existenzform zu ergründen.

Allerdings gibt es ebenso Sprechakte, welche die Einheit von Körper und Geist wieder auflösen. Ein Beispiel ist ein Bibelsprichwort: „Der Geist ist willig, doch das Fleisch ist schwach.“ Solche Sprechakte halte ich für problematisch, weil sie suggerieren, es gäbe in uns eine Instanz – neben unserem Geist – welche unabhängig von uns Kontrolle über unseren Körper haben könnte. Solche Vorstellungen fördern eine Dissoziation mit unseren Handlungen und tragen dazu bei, dass wir für Handlungen, welche wir selbst ausführen, keine Verantwortung übernehmen, weil wir behaupten, dass wir für diese Handlungen nicht verantwortlich zu machen wären, weil andere Personen diese von uns verlangten oder wir behaupten, dass unsere Kontrolle über uns eingeschränkt gewesen sei. Mit solchen Konstruktionen, sollten diese nicht nur als Schutzbehauptung vorgetragen werden, um Bestrafung zu vermeiden, stellen wir uns gegen das 2. Axiom der 2WT.

2. Axiom: Ich bin frei.

Die Zuordnung des Attributs frei zum Ich ist eine Zuschreibung zum Geist. Schließlich ist unser Geist in der Lage in Geistos alles zu erschaffen, was er in der Lage ist zu denken. Unser Geist in Geistos unterliegt nicht den Beschränkungen, welchen unser Körper und unsere Handlungsmöglichkeiten in Physos unterliegen.

Jede Einschränkung, welcher unser Geist zu unterliegen meint, kann nur aus ihm selbst stammen und durch ihn manifestiert werden. Unser Geist ist in der Lage eine Beschränkung festzulegen, aufzuheben, zu ignorieren oder beizubehalten. Durch die Fähigkeit unseres Geistes, sich über die Logik hinwegzusetzen und gleichzeitig eine Beschränkung zu ignorieren als auch sie beizubehalten, ist es ihm möglich, das Allmachtsparadoxon zu transzendieren.

Ebenso kann unser Geist annehmen, er sei nicht allein in Geistos. Aufgrund der Allmacht unseres Geistes ist die Existenz eines anderen Geistes in Geistos zugleich Illusion und wird für unseren Geist Realität, wenn er das Wissen unterdrückt, dass alles in Geistos aus ihm selbst erschaffen wurde. Die Allheit von allem was ist, ist für den Geist in Geistos zu jeder Zeit erfüllt, auch wenn unser Geist sich einen Zustand von Getrenntsein imaginiert. Unser Geist ist in der Lage sich in jede –letztlich durch ihn selbst erschaffene – Illusion zu verstricken und sich zu weigern, diese Illusion als eigene Schöpfung zu erkennen. So ist unser Geist sogar in der Lage, seine Eigenschaft „frei zu sein“ zu verneinen.

Welche Folgen ergeben sich aus den Axiomen für die Wissenschaft?

Für die Differenzierung zwischen Parawissenschaften und Wissenschaften ergeben sich hier interessante Überlegungen. Jede Wissenschaft ist zunächst – bezogen auf Physos – eine über Physos hinausgehende Wissenschaft, denn jeder Gedanke entspringt unserem Geist. Erst wenn sich verschiedene Geister darauf verständigt haben, wie in Physos die Prüfung einer Theorie erfolgen soll und wenn diese Prüfung erfolgreich ist, wandelt sich eine Parawissenschaft zur Wissenschaft. Allerdings sind unsere Geister in Geistos allmächtig und so jederzeit in der Lage, durch Kombination von Handlungen in Physos mit Illusionen in Geistos, eine Parawissenschaft zu einer Wissenschaft zu deklarieren, obwohl die aufgestellten Theorien nichts über die Realität in Physos aussagen. Dies ist möglich, weil eine Wissenschaft als Konstrukt unseres Geistes immer in Geistos verbleibt.

Welche Folgen ergeben sich aus den Axiomen für die Religion?

Mit diesen beiden Axiomen können viele Aussagen aus religiösen oder spirituellen Schriften neu interpretiert werden. Ein als dunkel bezeichnetes Zeitalter und die Suche nach dem Akasha-Feld, dem kollektiven oder universellen Bewusstsein, Erleuchtung, Gott, Samadhi oder wie sonst die Bezeichnung sein mag, kann als Wunsch des Geistes verstanden werden, sich selbst wiederzuerkennen und damit seine Allmacht in Geistos zurückzuerlangen.

Da ein dunkles Zeitalter dadurch gekennzeichnet ist, dass die Existenz des Körpers permanent gefährdet ist, fällt es dem Geist – wenn er sich nur als Körper versteht – schwer, seine Natur zu erkennen. Verbunden mit der Angst vor der physischen Auslöschung, die zwar real sein mag, wird unser Geist zugleich daran gehindert, sein Potenzial in Geistos zu entfalten. Mit der Reduktion unseres Seins auf den Körper überträgt der Geist die in Physos bestehenden Restriktionen auch auf Geistos. So bleibt unserem Geist die Größe seiner Welt verborgen.

Der Versuch unseres Geistes einen Gott in Physos zu finden ist, nach meiner Vorstellung, zum Scheitern verurteilt. Schließlich würde es bedeuten, dass es eine Wesenheit gäbe, für welche unser Physos das ist, was für uns Geistos ist. Durch die Existenz einer solchen Wesenheit wären auf Physos dann die Regeln von Geistos anzuwenden und im Ergebnis müssten wir uns selbst als illusionäre Abspaltungen eines Geistes ansehen. Natürlich nur, wenn wir der 2WT diese Bedeutung geben und selbst einen Gott in Physos dieser Theorie unterwerfen wollten.

Die unbeantwortbare Frage.

Als Agnostiker bleibt für mich die Beantwortung einer Frage im Bereich des Nichtwissens. Die Frage, ob und falls ja in welchem Umfang, Geist und Geistos durch die Auslöschung des Körpers bzw. des Gehirns wirklich erlöschen oder ob unser Geist mit oder ohne Geistos sich mit einem anderen Körper in Physos neu verbinden kann, also im Sinne einer Wiedergeburt. Da unser Geist in Geistos allmächtig ist, können wir dies meinen, auch wenn es nicht zutreffen sollte. Ebenso könnte unser Geist auch erst durch die Überzeugung, dass er dazu in der Lage sei, die Befähigung erlangen, ewig zu sein.