Seit der Gemeinderat des Markts Reichenberg am 19.01.2016 die Planungen zum Baugebiet „Vorderer Höchberg II“ beschlossen hat, engagieren sich viele Einwohner dafür, das Baugebiet nachhaltiger, anwohner- und klimafreundlicher zu gestalten. Bei der Behandlung der Stellungnahmen zur 2. Auslegung vom September 2019 in der Gemeinderatssitzung am 04.02.2020 blieben jedoch nahezu alle Vorschläge der Anwohner unberücksichtigt. Stattdessen soll an der bisherigen Planung festgehalten werden, welche zu vermeidbaren Belastungen der Anwohner, der Umwelt und des Klimas führt. Ein am 12.06.2020 eingereichter Bürgerantrag soll die neu gewählten Gemeindevertreter veranlassen, ihre Wahlversprechen hinsichtlich mehr Bürgernähe sowie Umwelt- und Klimaschutz im Rahmen der Bauleitplanung umzusetzen. Zehn Gemeinderatsmitglieder wurden erstmals in das Amt gewählt und waren bisher nicht in die Erstellung des Bebauungsplans eingebunden. Daher ist davon auszugehen, dass ihnen die Auswirkungen der Planung sowie die vorgebrachten Stellungnahmen der Anwohner größtenteils nicht bekannt sind. Insbesondere den neuen Gemeinderäten soll mit diesem Antrag die Möglichkeit gegeben werden sich mit den Stellungnahmen der 2. Auslegung auseinanderzusetzen, bevor die Satzung beschlossen wird.

Viele Anwohner sehen sich durch die aktuelle Planung benachteiligt, denn die Belastungen sollen ungleich verteilt werden. So sollen Anwohner gegenüber den zukünftigen Bauherren z. B. bis zu 2,5 m höhere Wand- und Firsthöhen vor ihren Grundstücken hinnehmen, die bei der aktuellen Gestaltung des Plangebiets oft nur wenig durch die Topographie ausgeglichen würden. Daraus ergeben sich u. a. Einschränkungen bei der Nutzung der Sonnenenergie und ein höherer Heizenergiebedarf alleine aufgrund vermeidbarer Verschattung. So wirkt sich die aktuelle Planung negativ auf das Klima aus und sorgt für höhere Kosten bei den Anwohnern. Entsprechend sehen die betroffenen Anwohner den Gemeinderat in der Verantwortung, den Bebauungsplan so zu gestalten, dass die Lasten fair verteilt werden und bestmögliche Lösungen zum Schutz von Klima und Umwelt berücksichtigt werden. Dabei wird offensichtlich, dass im Rahmen der Maßnahmen zum Klimaschutz auch die Frage des fairen und gleichberechtigten Zugangs der Bürger zu regenerativen Energiequellen wie der Sonnenenergie beantwortet werden muss.

Zusätzlich sollen bei der Überarbeitung des Bebauungsplans das sich noch im Entwurf befindliche Bayerische Klimaschutzgesetz und die im Art. 2 formulierten Minderungsziele berücksichtigt werden. Insbesondere das Ziel, dass Bayern bis 2050 klimaneutral sein soll (Art. 2 Abs. II BayKlimaG – Entwurf vom 12.05.2020), wird nur erreicht werden können, wenn Gemeinden bereits heute in Bebauungsplänen Vorgaben aufnehmen, welche über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen und geeignet sind, klimaneutrale Siedlungen zu errichten. Darüber hinaus sind Auswirkungen auf die unmittelbar angrenzende Umgebung als auch auf die Gemeinde und das Klima als Ganzes, wie z. B. die entstehenden Verkehrsströme und deren Emissionen, so gering wie möglich zu halten. Denn Bebauungspläne und die durch sie geschaffenen Strukturen wirken über Jahrzehnte hinweg. Gebäude, welche in den nächsten Jahren errichtet werden, sollten deswegen bereits von Anfang an bestmöglich zur Erfüllung der für das Jahr 2050 vorgesehenen Klimaschutzziele beitragen. Wenn die Ausweisung neuer Baugebiete als unvermeidbar angesehen wird, so ist es im Hinblick auf diese Ziele sinnvoll, auf heute bereits verfügbaren Optionen wie z. B. Plusenergiehäuser zu setzen. Da solche Gebäude mehr CO₂-neutrale Energie erzeugen, als sie selbst benötigen, tragen sie dazu bei, die Treibhausgasemissionen in anderen Sektoren zu senken.

Welche Folgen es haben wird, wenn wir weiterhin untätig bleiben und Maßnahmen zum Klimaschutz unterlassen oder hinauszögern, können wir bei uns in Franken bereits beobachten. Ausgedehnte Phasen von Trockenheit und dazu lokale Starkregenereignisse zeigen, dass der Klimawandel bereits stattfindet und es dringend geboten ist, effektive Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen. Eine energieeffiziente und klimaschonende städtebauliche Planung stellt einen essentiellen Beitrag zum Klimaschutz dar, indem sie beispielsweise durch kompakte Bauformen den Energiebedarf reduziert und gleichzeitig Verschattung vermeidet und so eine möglichst umfassende Nutzung des solaren Potentials in zukünftigen als auch in bestehenden Siedlungsgebieten ermöglicht.

Unser Bürgerantrag „Überarbeitung des Bebauungsplans Vorderer Höchberg II“

Mit meiner Unterschrift beantrage ich gemäß Art. 18b der Gemeindeordnung des Freistaates Bayern, dass der Markt Reichenberg folgende Angelegenheit behandelt: Der Bebauungsplan Vorderer Höchberg II soll überarbeitet werden. Das Ziel der Überarbeitung soll es sein, die stadtplanerischen Möglichkeiten so zu nutzen, dass die Planungen den Erfordernissen des Umwelt- und Klimaschutzes Rechnung tragen sowie die Belastungen für die Anwohner so gering wie möglich gehalten und fair zwischen den Anwohnern und zukünftigen Bauherren verteilt werden. Der Rahmen und die Tiefe der durchgeführten Untersuchungen und damit verbundene Überlegungen sollen überprüft werden. Die Einwendungen und Vorschläge der Bürger zur Auslegung vom September 2019 sollen dem im Jahr 2020 neu gewählten Gemeinderat nochmals zur Prüfung vorgelegt werden.

Begründung

Die aktuelle Ausführung des Bebauungsplans führt zu Belastungen der Anwohner, der Umwelt und des Klimas, die bei einer anderen Gestaltung vermeidbar wären. Die Belastungen sind zudem ungleich verteilt und benachteiligen viele aktuelle Anwohner. Die im Rahmen der Auslegung vom September 2019 eingebrachten Vorschläge, Anmerkungen und kritischen Einwände der Anwohner und der Ortsgruppe des BUND zur verträglicheren Gestaltung des Baugebiets und zum Umwelt-, Klima- und Artenschutzes fanden nahezu keine Beachtung. Entsprechend soll den neu- und wiedergewählten Gemeinderäten die Möglichkeit gegeben werden, die zur Kommunalwahl 2020 getätigten Aussagen für mehr Bürgernähe und einen verstärkten Umwelt- und Klimaschutz zu verwirklichen, sowie die Umsetzung der geplanten Minderungsziele des BayKlimaG Art. 2 Abs. (1) & (2) (Entwurf vom 12.05.2020, siehe Seitenende) und die Forderung nach einer verstärkten Klimaarchitektur beim Städtebau durch eine entsprechende Gestaltung des Bebauungsplans zu unterstützen. Da die Mehrzahl der Mitglieder des aktuellen Gemeinderats bei den bisherigen Überlegungen und Entscheidungen zum Bebauungsplan Vorderer Höchberg II nicht beteiligt war, halten wir es aufgrund der großen Bedeutung eines Bebauungsplans für heutige und nachfolgende Generationen für angemessen, dass die neuen Gemeinderäte ebenfalls die Gelegenheit erhalten, sich mit den in 2019 eingebrachten Stellungnahmen zu befassen.

Auszug aus dem Bayerischen Klimaschutzgesetz (BayKlimaG) – Art. 2 (Minderungsziele)

(1)¹Das CO2-Äquivalent der Treibhausgasemissionen je Einwohner soll bis zum Jahr 2030 um mindestens 55% gesenkt werden, bezogen auf den Durchschnitt des Jahres 1990. ²Es soll damit auf unter 5 Tonnen pro Einwohner und Jahr sinken.
(2) Spätestens bis zum Jahr 2050 soll Bayern klimaneutral sein.

Weiterführende Links:

Bayerische Klimaschutzoffensive
Entwurf Bayerisches Klimaschutzgesetz (BayKlimaG) vom 12.05.2020 (PDF)
Bericht in der Mainpost vom 05.07.2020