Es ist an der Zeit meine Reise fortzusetzen. Nach Monaten auf Reisen widme ich mich heute meinen Finanzen. Wenn möglich, bezahle ich meine Unterkunft und Verpflegung mit meiner Zeit und meinem Wissen. Ich helfe bei anstehenden Arbeiten oder unterhalte mich mit den Menschen. In den Fällen wo ich meine Zeit nicht hergeben konnte oder wollte, verwendete ich stattdessen dieses Ding namens Geld. Nachdem ich meine Rechnung beglichen habe mache ich mich auf und davon. Vielleicht aus gutem Grund? Was ist dieses Etwas das Geld genannt wird? Wie funktioniert es, dass ich hunderte Kilometer von der Stelle an der ich Geld erhalten habe dafür Waren kaufen kann? Ist Geld wirklich etwas wert? Woher kommt dieser Wert? Was weiß ich über Geld? Ist Geld am Ende nichts anderes als ein Schwarzer Peter und derjenige, welcher am Ende des Spiels das Geld noch hat, hat verloren?

Da sich die ganze Welt um Geld dreht, muss es wohl wichtig sein. Vielleicht handelt es sich dabei auch um eine Fehleinschätzung? Was nützt mir dieses Geld? Warum sollte es für mich wichtig sein? Wenn ich jemandem eine Leistung erbringe, kann mich dieser mit Geld entlohnen. Statt mir einen Gefallen oder eine Gegenleistung schuldig zu bleiben, kann er diese Schuld mit Geld sofort begleichen. Ich habe den Vorteil, dass ich mit Geld Leistungen anderer Personen in Anspruch nehmen kann. Unsere Verbindung ist kurzfristiger Natur und wird vollständig aufgelöst, sobald die Leistung erbracht und die Bezahlung erfolgt ist. Wir sind im Anschluss wieder wie Fremde füreinander.

In der Volkswirtschaft werden dem Geld drei Funktionen zugeordnet. Die erste Funktion ist die eines Zahlungsmittels, welche den oben beschriebenen Austausch widerspiegelt. Diese Funktion ist sehr eng verbunden mit der Funktion des Wertmessers. Es ist sehr praktisch, wenn an jeder Ware ein Preis in der allgemein als Geld verwendeten Einheit angeschlagen ist. So kann ich leicht prüfen, ob mein Geld ausreicht, um meine Wünsche nach Gütern zu befriedigen. Als dritte Funktion des Geldes wird die Wertaufbewahrung genannt. Letztere steht der Funktion als Zahlungsmittel konträr gegenüber. Ich kann einen Kuchen nicht essen und gleichzeitig behalten. Das Geld welches ich sparen möchte kann ich nicht ausgeben. Wenn ich das Geld ausgegeben habe steht es mir nicht mehr zur Verfügung. Geld als Wertmesser zu bezeichnen ist allerdings nicht korrekt. Wenn ich die Länge eines Tisches messe, erfahre ich wie viele Meter der Tisch lang ist. Wenn ich den Wert des Tisches erfahren möchte und mir dazu seinen Preis ansehe, dann weiß ich wie viele Euro er kostet. Aber seinen Wert kenne ich nicht. Ich könnte ausrechnen wie viele Stunden ich arbeiten müsste, um diesen Tisch erwerben zu können. Geld bietet eine einfache Möglichkeit, Waren miteinander zu vergleichen. Ich erfahre z.B., dass vier Stühle genauso viel kosten sollen wie ein Tisch.

Was erfahre ich durch den Preis einer Ware, wenn es nicht der Wert der Ware ist? Was hat Geld überhaupt mit Wert zu tun? An dieser Stelle ist es nötig, dem Begriff Wert eine Identität zu geben. Der Wert den jemand einem Tisch zuordnet, hängt von seinen persönlichen Vorlieben ab. Die Menge an Euro, die jemand für einen Tisch zu zahlen bereit ist, hängt vor allem davon ab, wie gut es demjenigen gelingt, Euros zu erhalten und welches seine Kosten dafür sind. Die Kosten für den Euroerwerb bestehen vor allem in der Investition der eigenen Lebenszeit. Die Definition für den Wert eines Tisches ergibt sich aus dem subjektiven Nutzen, welchen sich jemand von diesem Tisch erwartet. Hierbei ist es wichtig zu erkennen, dass dieser Wert auf einer Erwartungshaltung beruht. Diese Erwartung kann sich als Fehleinschätzung herausstellen. Im Gegensatz zur Annahme der Wirtschafts- oder Rechtswissenschaft, bei welchen davon ausgegangen wird, bei einem Geschäft von Ware gegen Geld würden Werte in gleicher Höhe ausgetauscht werden, entspricht eher das Gegenteil der Wirklichkeit. Ein freiwilliger Austausch findet nur statt, wenn beide Seiten von diesem Tausch einen Mehrwert erwarten. Dieser Vorteil basiert auf den unterschiedlichen subjektiven Bewertungen der Ware. Da beide Seiten auch die verwendeten Geldeinheiten nach ihrem Wertemaßstab beurteilen, ist es ihnen möglich, den Austausch über Geld zu vollziehen. Der Preis einer Ware kommuniziert mir etwas über die Werte des Verkäufers. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Verkäufer den Preis so festlegt, dass die Menge an Geld für den Verkäufer mehr Wert besitzt als die Ware zum aktuellen Zeitpunkt für ihn repräsentiert. Diese Einschätzung kann sich jederzeit ändern.

Eine wichtige Eigenschaft von Geld ist seine Beschränktheit. Es ist nicht wichtig, dass die Geldmenge absolut beschränkt ist. Es ist nur wichtig, dass die Verfügbarkeit von Geld so beschränkt ist, dass sich die Menge, welche einer Person zur Verfügung steht, sich nicht unkalkulierbar ändert. Sonst ist eine preisliche Auszeichnung von Waren nicht mehr möglich, da der Verkäufer nicht mehr einschätzen kann, welcher Betrag seiner Nutzenvorstellung entspricht. In einem solchen Fall bleiben die Geschäfte in der Folge eher leer, wie zur Zeit der Hyperinflation 1923 oder in der Inflation um 1945. Wenn ein Schreiner fünf Tische pro Woche produziert (Herstellungskosten seien 15 Euro) und 250 Euro pro Woche Ausgaben für seine Lebensführung hat, wird er einen Tisch für mindestens 65 Euro verkaufen müssen (15 Euro Material + 50 Euro Bedarf des Schreiners). Da heute bereits ein Geldsystem existiert, können wir leicht berechnen, wie viel unsere Tätigkeit uns einbringen muss, damit wir unsere Bedürfnisse decken können. Ohne Geld wäre diese Rechnung etwas komplizierter, weil wir nicht in Euro rechnen würden, sondern unsere Arbeit in Beziehung zu unserem Bedarf an Kleidung, Brot und Unterkunft setzten müssten. Wenn der Schreiner seine Tische nur für 30 Euro verkaufen kann, muss er überlegen, wie er entweder mehr Tische produzieren kann oder er muss eine andere Tätigkeit finden, um seinen Bedarf von 250 Euro pro Woche zu decken. Wenn er keine andere Tätigkeit finden sollte, müsste er zur Selbstversorgung zurückkehren.

Schon geht es um Leben und Tod. Das erscheint zu weit hergeholt? Das Bild mag etwas drastisch sein, aber für den Fall, dass der Schreiner keine Tätigkeit findet für welche er seine 250 Euro als Gegenleistung erhalten kann, um sich mit Lebensmitteln, Kleidung und Unterkunft zu versorgen, stellt sich für ihn diese Frage sehr wohl. Die Vorstellung, dass er zu einer Selbstversorgung zurückkehren könne, scheitert daran, dass er dafür Land benötigt, welches er nicht besitzt. Da alles Land in unserer heutigen Zeit jemandem gehört ist es unwahrscheinlich, dass es ihm einfach geschenkt wird. Nehmen wir einmal an, dass es ihm wirklich nicht möglich ist, eine Tätigkeit zu finden, welche ihm 250 Euro pro Woche einbringt. Auch wenn es heute noch unwahrscheinlich erscheint, dass Waren fast vollständig von Maschinen produziert werden, so ist eine solche Entwicklung technisch denkbar. Was soll unser Schreiner machen, wenn er nicht zur Wissenselite gehört, welche diese Maschinen entwickelt und wartet?

Der Frage, was Geld ist, haben wir uns nur indirekt genähert. Auf unserem Weg sind wir bereits der Schuld und dem Tod begegnet. Aber wie entsteht Geld, mit dem wir Schulden begleichen können und dessen Abwesenheit unseren Tod bedeuten kann?

Wie oben beschrieben ist der Wert einer Ware etwas Subjektives. Daher kann Geld selbst keinen objektiv messbaren Wert besitzen. Ein Zahlungsmittel, welches einen eigenen Nutzen unabhängig von seiner Zahlungsfunktion besitzt, trägt immer das Risiko in sich, die Neutralität im Austausch gegenüber den Waren zu verlieren. Verliert es diese Neutralität, kann dies dazu führen, dass das Geldsystem zusammenbricht, weil das Geld als Zahlungsmittel verschwindet. Dieses Verschwinden konnte in der Vergangenheit bei metallgedeckten Währungen beobachtet werden. Solange der materielle Wert des verwendeten oder in Beziehung gesetzten Metalls hinter der subjektiven Wertrepräsentation als Zahlungsmittel zurück blieb, blieb das Zahlungsmittel im Umlauf. Überstieg der materielle Wert denjenigen des Zahlungsmittels, so wurden die Münzen eingeschmolzen, die Lagerscheine eingelöst und das Geld verschwand. Unser heutiges Geld besitzt keinen materiellen Wert und ist auch an keinen solchen mehr gekoppelt, wie es durch das Bretton-Woods-System von 1944 bis 1973 noch der Fall war. In dieser Zeit waren die weltweiten Währungen durch einen festen Wechselkurs zum Dollar, der eine Golddeckung aufwies, indirekt an Gold gebunden. Allein unser Glaube in den Wert unseres Geldes garantiert dessen Wert. Dieses Vertrauen ist grundsätzlich nötig, unabhängig davon, ob es sich um Papiergeld oder wertgedecktes Geld handelt. Selbst eine Münze aus purem Gold wird mein Überleben nicht ermöglichen wenn niemand bereit ist, mir etwas dafür zu verkaufen.

Spreche ich mit anderen Menschen über den Wert des Geldes und über die Goldbestände welche Deutschland bzw. die Bundesbank im Eigentum hat, scheint es in den persönlichen Vorstellungen noch eine irgendwie existierende Verbindung zu geben. Den Menschen scheint die Vorstellung wenig zu behagen, dass unser Geld heute nur ein buntes Stück bedruckten Papieres ist, dessen Herstellungskosten nur wenige Cent betragen, aber pro Stück zwischen 5 Euro und 500 Euro Wert sein soll. Ich denke dies liegt daran, dass sie nicht erinnert werden wollen, dass der Wert ihres Geldes vom Vertrauen aller Anderen abhängt. Es gibt keinen inneren Wert des Geldes, wie er oft bei Goldwährungen als Erklärung für den Wert des Geldes herangezogen wird. Ich denke ein besseres Verständnis zum Wert des Geldes ergibt sich aus dem Erklärungsansatz von Frau Dr. Eva-Maria Hubert. Sie erklärt Geld als Sozialtechnik dessen Wert auf seiner Funktion als Geld basiert. Weil Menschen bereit sind, Geld in einer bestimmten Form zu verwenden, bekommt es den Wert, den es für diese Verwendung benötigt. So wie Menschen sich verstehen, wenn sie sich auf eine gemeinsame Sprache verständigt haben, so ist Geld eine Sprache für den Austausch von Werten. So wie in der Sprache das individuelle Verständnis einzelner Wörter voneinander abweicht, so ist auch der subjektive Wert eines Euros für jeden verschieden. Eine Verständigung ist trotzdem möglich, genauso wie der Austausch von Waren.

Es ist erstaunlich wie in der Wirtschaftswissenschaft rund um das Geld eher narrative Elemente verbreitet werden, statt die Geschichte des Geldes zu untersuchen und zu analysieren. Besonders eindrucksvoll ist dabei die Geschichte vom Tauschhandel, welche von Adam Smith in seinem Buch „Reichtum der Nationen“ eingeführt wurde. Seine Beschreibung, wie sich das Geld im Übergang einer Gesellschaft von der Tauschwirtschaft zur Marktwirtschaft entwickelt habe, ist eine Fiktion. Eine solche Entwicklung hat es so nie gegeben, zumindest wenn man den Ausführungen von David Graeber in seinem Buch „Schulden. Die ersten 5.000 Jahre.“ Glauben schenkt. Es gab nie eine Gesellschaft in welcher der Naturalientausch in Form von zehn Hühnern gegen ein Schwein wirklich stattgefunden hat. Stattdessen war Geld nicht in Form von Münzen in Verwendung, sondern als virtuelle Recheneinheit. Beim Händler wurde angeschrieben und die Schulden zu einem späteren Zeitpunkt beglichen. Natürlich fand dies nur unter Menschen Anwendung welche zueinander in einer irgendwie gearteten Beziehung standen und sich soweit vertrauten, dass der Händler davon ausgehen konnte, dass derjenige welcher etwas bei ihm anschreiben ließ auch wirklich zahlen würde. Ebenso enthält die Geschichte rund um den freien Markt, die Smith vorträgt, mehr narrative Aspekte als eine geschichtliche Analyse. Wir glauben heute, dass sich der Markt von selbst entwickelt hätte und der Staat nur ein Störfaktor gegenüber dem Markt sei. Geschichtlich scheint dies nicht belegbar zu sein. Die Schaffung von Märkten, in denen Geld basierend auf Edelmetallen verwendet wurde, stand geschichtlich immer in einem starken Zusammenhang mit Staaten und militärischen Eroberungen. Die Eckpfeiler dafür, dass sich eine Goldwährung durchsetzen konnte war zum einen ein Staat, welcher die Zahlung von Steuern nur in der Goldwährung akzeptierte und parallel seine Soldaten eben mit jenem Gold bezahlte. So entstand der Markt rund um die Versorgung der Heere. Das gegenüber Soldaten kein virtuelles Geld verwendet wurde, ist leicht nachvollziehbar, da es mit großen Unsicherheiten verbunden war, ob der Soldat je wieder in eine Stadt zurückkehren würde, um seine Schulden zu begleichen. Wohingegen ein Bauer oder Handwerker länger am Ort verweilte und ihm daher mehr Vertrauen entgegengebracht wurde. Interessant ist, dass unser heutiges Geld nicht mehr auf Metall beruht, aber trotz seiner Ähnlichkeit mit virtuellem Geld, in seiner Wirkung eher der Anonymität eines Metallgeldes entspricht. Der Wert basiert auf dem Vertrauen, dass das Geld den entsprechenden Wert habe. Die Transaktionen erfolgen anonym und die Beziehung zwischen Verkäufer und Käufer wird nach der Transaktion umgehend wieder aufgelöst.

In welchem Umfang die Entstehung unseres Geldes durch Kredit und welchen Aspekt der Zins und Zinseszins dabei spielen werde ich in einem nächsten Beitrag weiter ausführen.

Mein Video zum diesem Beitrag
http://www.youtube.com/watch?v=hu1FIMb6GEQ

Weiterführende Links zu angesprochenen Themen
Adam Smith – The Wealth of Nations
Bretton-Woods-System
David Graeber – Schulden. Die ersten 5.000 Jahre.
Dr. Eva-Maria Hubert – Sozialtechnik Geld: http://www.youtube.com/watch?v=RcqcgdhHUGU
Geldfunktion
Grimm Wörterbuch: Geld
Inflation 1923 in Deutschland