Fühlen Sie jetzt, in diesem Moment, eine Verbundenheit zu einem anderen Menschen oder fühlen Sie sich einsam? Kennen Sie das Gefühl der Verbundenheit mit einem anderen Menschen? Haben Sie schon einmal erlebt, wie es ist, wenn Ihnen ein Mensch gegenüber sitzt, den Sie nicht kennen und nichts über ihn wissen? Ein Fremder, welcher nach wenigen Minuten des Kontaktes scheinbar leichter beschreiben kann, was in Ihnen gerade lebendig ist, als Sie es selbst könnten.

Egal ob Sie diese Form der Verbindung schon einmal erlebt haben. Egal ob Sie glauben, ob es so etwas gibt oder nicht, möchte ich Sie bitten, mir zu glauben, dass ich so etwas bereits erlebt habe. Wenn Sie eher eine rationale Sicht auf die Welt haben, würde ich mich jetzt mit Ihnen über Spiegelneuronen unterhalten. Wenn bei Ihnen die emotionale Seite stärker ausgeprägt ist, würde ich mich empathisch mit Ihnen unterhalten. Leider haben Sie im Moment nur diesen Text vor sich, welcher nicht so interaktiv sein kann, wie ein persönliches Gespräch.

Trotzdem möchte ich versuchen, Ihnen zwei Perspektiven aufzuzeigen, welche aus meiner Sicht gleichrangig nebeneinander bestehen. Für die Realität, in der Sie leben, macht es aber einen gravierenden Unterschied, für welche der beiden Sichtweisen Sie sich entscheiden. Beide Perspektiven sind letztendlich Extreme im Sinne eines dualistischen Verständnisses. Natürlich können Sie sich aktuell auch irgendwo zwischen diesen Punkten befinden. Eine Perspektive ist: Wir sind alle einzelne, allein existierende Individuen und die Verbundenheit, welche wir in manchen Momenten mit anderen Menschen oder allem was ist spüren können, ist eine Illusion unseres Geistes. Die andere Perspektive ist entsprechend entgegengesetzt. Wir sind immer und überall mindestens mit allen Menschen und eventuell auch mit der Natur und allem Sein verbunden. In diesem Fall besteht die Illusion darin, sich einsam zu fühlen. Ich überlasse es Ihnen, ob Sie die Verbundenheit allein in Bezug auf Menschen oder auch zu allem Lebendigen oder allem Sein sehen wollen. Ich persönlich beziehe mich vor allem auf Menschen, solange ich nicht überprüfen kann, ob meine Vorstellung darüber, was eine Pflanze, ein Tier oder ein Stein empfände, wirklich deren Sein widerspiegelt.

Mit geht es an dieser Stelle darum, dass Sie zunächst überlegen, welcher dieser Perspektiven Sie in Ihrem Leben bisher gefolgt sind. Wechseln Sie eventuell auch die Sichtweise? Je nachdem wie Sie sich gerade fühlen, ob Sie sich im Moment von einem anderen Menschen verstanden fühlen oder Sie gerade erst enttäuscht wurden. Können Sie an diesem Punkt bereits erkennen, welche Auswirkungen es hat, wenn Sie die eine oder die andere Sichtweise einnehmen? Auch wenn ich zuvor gesagt habe, dass für mich beide Perspektiven gleichberechtigt nebeneinander stehen, so habe ich für mich eine Entscheidung getroffen, welche der Perspektiven ich bevorzuge, weil ich sie als hilfreicher erachte. Ich bevorzuge ein Leben in Verbindung mit anderen Menschen gegenüber einem Leben, welches von Einsamkeit geprägt ist. Natürlich gibt es Momente, in welchen ich gerne einmal alleine bin. Alleine zu sein ist für mich ein Aspekt der äußeren Welt. Ein Zustand, welcher sich leicht und objektiv überprüfen lässt. Einsamkeit ist hingegen ein Aspekt der inneren Welt. Sie wird eher als Gefühl empfunden und ist ein subjektives Erleben.

Entsprechend meinem Wunsch ein Leben zu leben, welches ich gerne lebe, habe ich für mich entschieden, grundsätzlich davon auszugehen, dass ich mit anderen Menschen verbunden bin. Daher betrachte ich die Einschätzung, mit einem Menschen nicht verbunden zu sein, als Illusion. Ich hatte diese Einstellung nicht immer und kann somit vergleichen, welche Auswirkung der Wechsel dieser Sichtweise auf mich und mein Leben hatte. Früher gab es Momente, in welchen mich die Empfindung von Einsamkeit so sehr umklammert hat, dass ich mich selbst auf einer Geburtstagsfeier einsam gefühlt habe, während ich mit fröhlichen und feiernden Menschen zusammen war. Ich saß dabei nicht irgendwo in einer Ecke. Ich habe aktiv am Geschehen teilgenommen, aber die Teilnahme blieb an der Oberfläche. Die Mauer der Einsamkeit konnten die Menschen nicht überwinden. Vermutlich habe sie nicht einmal gemerkt, dass ich sie nicht spüren konnte. Erst seitdem es mir gelungen ist, diese Mauer einzureißen, bin ich auch selbst wieder erreichbar. Wie ich diese Mauer abgetragen habe, ist eine andere Geschichte. Vielleicht werde ich auch sie einmal erzählen. Die Entscheidung, grundsätzlich an die Verbundenheit zu glauben, ist ein Hilfsmittel, mich selbst daran zu erinnern, diese Mauer nicht erneut zu errichten.

Wenn Sie bereits eine ähnliche Barriere errichtet haben und es Ihnen vielleicht schwer fällt, an Verbundenheit zu glauben, möchte ich Sie einladen, sich zu erlauben, Ihre Perspektive zu wechseln. Ich bin überzeugt, auf der anderen Seite wartet mehr Lebensfreude auf Sie als auf der vermeintlich sicheren Seite der Einsamkeit. Wenn es Ihnen in den Momenten, in welchen Sie sich einsam fühlen, gut geht und Sie nicht unter der Einsamkeit leiden, dann gibt es für Sie keinen Grund, etwas zu verändern. Meine Einladung, einen Perspektivwechsel vorzunehmen, ist vor allem an jene gerichtet, welche unter ihrer Einsamkeit leiden. Ihr, die Ihr versucht, Eure Einsamkeit im Außen zu lindern oder zu betäuben, Euch möchte ich sagen: „Einsamkeit ist ein Aspekt der Innenwelt, dieses Leid lässt sich nur in Euch auflösen und nicht im Außen.“ Im Außen ist es nur möglich, Erfahrungen zu sammeln, welche dabei helfen können, den Perspektivwechsel durch passende Erlebnisse zu verstärken. Der Wechsel der eigenen Sichtweise bleibt eine Entscheidung im Innen. Sie kann Ihnen im Außen von niemandem abgenommen werden. Was Sie glauben wollen liegt immer bei Ihnen.