Inzwischen höre ich häufiger die Forderung, dass die Wirtschaft demokratisiert werden solle. Was sich genau hinter dieser Forderung verbirgt, bleibt zumeist eher unklar. Ich sehe in der Übertragung der Funktionsweise unseres politischen Systems auf die Organisation unserer Wirtschaft erhebliche Risiken.

Wie funktioniert Demokratie?

Menschen gehen zur Wahl und legitimieren damit andere Menschen, Entscheidungen in ihrem Namen zu treffen. Dabei gibt es keine Rückbindung, ob die späteren Entscheidungen im Interesse oder zum Vorteil der Wählys getroffen wurden. Um diesen Nachteil zu beheben wird dann überlegt, dass die parlamentarische Demokratie durch basisdemokratische Elemente wie Volksentscheide ergänzt werden soll. Basisdemokratie mag dazu beitragen, dass mehr Menschen für eine Entscheidung verantwortlich sind. Es ändert allerdings nichts daran, dass Menschen gegen ihren Willen Nachteile aufgezwungen werden.

Es ist immer einfacher, von anderen Menschen Einschränkungen und Verzicht zu fordern, als selbst auf Vorteile und Privilegien zu verzichten. Die Demokratie fördert dieses Verhalten, weil zwei Elemente voneinander getrennt werden. Diese beiden Elemente sind zum einen die Entscheidung, was getan werden soll, und zum anderen, wer es machen bzw. dafür aufkommen soll. Es ist einfach, ein Gesetz zu erlassen. Egal, ob es als Gebot: „Ausbau der Nutzung von Sonnenenergie“, oder als Verbot: „Minderung der Treibhausgasemissionen“, formuliert wird. Jedes Gesetz, wenn es eine Wirkung haben soll, erfordert handelnde Menschen und ggf. Zugang zu weiteren Ressourcen, um umgesetzt zu werden.

Bezahlen sollen die Anderen

Weil diejenigen, welche eine Forderung beschließen, egal ob Parlament oder Bevölkerung, nicht selbst die damit verbundenen Lasten übernehmen, kommt es in der Demokratie permanent zum Kampf jeder gegen jeden. Die Vorstellung von Thomas Hobbes in seinem Buch Leviathan, dass der Staat den Kampf jeder gegen jeden beenden sollte, wurde somit nicht erfüllt. Stattdessen ist der demokratische Staat davon geprägt, dass jede Gruppe – wenn sie eine ausreichende Mehrheit mobilisieren kann – sich Vorteile zu Lasten einer anderen Gruppe verschaffen kann.

Die Übertragung dieses gewalttätigen Prinzips auf die Wirtschaft, dass wir anderen Menschen gegen ihren Willen Lasten aufzwingen dürfen, trägt zu einer weiteren Entfremdung der Arbeitstätigkeit bei. Die Demokratisierung der Wirtschaft bestand in Deutschland zunächst darin, dass Beschäftigten die Möglichkeit gegeben wurde, Unternehmensentscheidungen zu beeinflussen. Wichtige Instrumente sind die paritätische Besetzung von Aufsichtsräten sowie die Schaffung von Betriebsräten. Wie gut die Zusammenarbeit von Unternehmensleitung und dem jeweiligen Gremium gelingt, hängt im großen Maße davon ab, welches Verständnis die beteiligten Personen von ihrer Tätigkeit haben.

Verteilung von Privilegien

Die Vorstellung einer Person, sie habe ein Recht oder einen Anspruch auf eine bestimmte Leistung, trägt zu einer konfrontativeren Verhandlungsführung bei. Wir leben heute in einer Gesellschaft, in welcher viele Privilegien bereits verteilt wurden. Je länger ein Privileg nicht in Abrede gestellt wird, umso eher wird es als Selbstverständlichkeit angesehen und gar nicht mehr als Privileg wahrgenommen. Das bedeutendste Privileg ist die staatlich garantierte Umverteilung von Vermögen von erwerbstätigen Menschen zu Eigentümern. Ergänzt durch die Umverteilung im Rahmen von Sozialsystemen von Erwerbstätigen zu Anspruchsberechtigten.

Ein Teil der Einnahmen aus der Einkommens- und Umsatzsteuer wird dann verwendet, um Schäden an der Ökosphäre zu kompensieren. Sowie die extremsten Armutsfolgen abzumildern, welche durch Eigentumsprivilegien erst ermöglicht werden.

Verantwortung statt Privilegien

Statt Unternehmen einer nicht genauer definierten demokratischen Mitbestimmung zu unterwerfen, halte ich es für zielführender, Privilegien zu entziehen. Kein Unternehmen darf Aktivitäten durchführen, welche mit einer Schädigung der Ökosphäre verbunden sind. Stattdessen gilt es verantwortlich zu handeln und Schäden zu vermeiden bzw. vollständig zu beheben, falls eine Vermeidung nicht möglich ist. Die Wirtschaft muss nicht demokratischer werden, sondern wir Menschen brauchen eine Ethik, nach welcher wir die Folgen unseres eigenen Handelns verantworten, statt diese anderen Menschen oder einer nächsten Generation aufzubürden.

Es ist wichtig, dass wir unsere Gemeinschaft als ein Miteinander verstehen. Als Alternative zu Mehrheitsabstimmungen, bei welchen Menschen über andere Menschen bestimmen, schlage ich vor, uns mittels Konsens auf gemeinsame Wege und Lösungen zu einigen. Wenn wir bereit sind, uns nicht mehr gegenseitig Lasten aufzuerlegen oder gar Schaden zuzufügen, dann muss nicht jeder Mensch versuchen, jede Entscheidung zu beeinflussen. Stattdessen können wir entspannter miteinander umgehen und uns mit den Themen beschäftigen, welche uns wichtig sind. Wir entscheiden selbst, wie wir leben wollen und sprechen miteinander, wenn unsere Handlungen das Leben anderer Menschen beeinflussen könnten.