In dieser Folge widme ich mich der Zeit und unser Vorstellung, dass wir davon nicht genug hätten.

Die ursprüngliche Aufnahme vom 03.07.2015 findet Ihr hier. Für den Podcast habe ich das Audio überarbeitet und soweit möglich Pausen, Störgeräusche sowie Verzögerungslaute entfernt.

Im Mem-Tagebuch teile ich mit Euch meine Gedanken zu gesellschaftlichen, philosophischen oder politischen Themen.

Transkript

Jeder Block entspricht ca. 30 Sekunden im Audio.

Willkommen zum zweiten Video für das Mem-Tagebuch. Heute mit dem überaus spannenden Thema: Ich habe keine Zeit. Bin sicher jeden von Euch kennt von Euch kennt diesen Satz. Entweder aus der eigene Verwendung. Oder das jemand anderes Euch gegenüber damit gesagt hat, er will was auch immer Ihr vorgeschlagen habt nicht mitmachen. Die Frage ist nur: Lag es tatsächlich daran, dass er keine Zeit hatte? Weil in einem faktischen Sinne ist es natürlich richtig, wir können gar keine Zeit haben, weil wir sie wieder speichern, noch aufheben, noch in irgendeiner Form in Besitz nehmen können. Wir können Zeit nur erleben und dass eigentlich auch nur in diesem kurzen Moment, eben gerade jetzt. Alles andere ist im Endeffekt nur Erinnerung oder Denken an die Zukunft. Aber das hat mit Zeit nichts zu tun.

So aber was bedeutet das jetzt, wenn wir uns dieses Satzes bedienen. Es geht mir dabei gar nicht so sehr darum diese gesellschaftlichen Gepflogenheiten, wo es im Endeffekt heißt, dass man einem Konflikt ausweicht, oder jetzt nicht so genau erläutern möchte, warum oder wieso man irgend einen Vorschlag ablehnt. Es sind sozusagen einfach gesellschaftliche Konventionen. Wird er benutzt und akzeptiert. Genau das möchte ich an der Stelle eben in Frage stellen. Weil? Ist es wirklich sinnvoll das zu tun. Weil, dass eine ist die Aussage, wenn ich sage: Ich hab keine Zeit. Dann sage ich im Endeffekt: Ich bin nicht in der Lage über meine Zeit zu verfügen. Und das letztendlich stimmt in der Form nicht.

Weil damit mache ich mich selber zum Abhängigen. Obwohl ich der einzige bin, der über meine Zeit entscheiden kann. Natürlich, ich verstehe schon, was damit eigentlich gemeint ist. Weil man ist Verpflichtungen eingegangen. Die man, aus welchen Gründen auch immer, bereit ist weiterhin zu erfüllen oder sich mit den Konsequenzen nicht abgeben möchte. Was es bedeutet wenn man diese Verpflichtung nicht erfüllt. Sei es, wenn man eben zur Arbeit geht und sagt: Ach, heute bleib ich zu Hause. Und man dann seine Arbeit verliert, dann ist natürlich klar. Ohne Einkommen wird das Leben ziemlich anstrengend.

Und deswegen ist an der Stelle eben nicht gesagt: Ich habe keine Zeit. Sondern ich kann nicht über meine Zeit so verfügen, wie ich es gerne möchte. Weil ich in bestimmten Situationen, in bestimmten Abhängigkeiten bin, die ich bereit bin zu erfüllen. Aber auch das sollten wir uns jeden Tag klar machen. Und dann eben nicht diesen Gedanken nachhängen: Ich habe kein andere Wahl. Sondern ganz im Gegenteil. Ich habe jeden Tag die Wahl. Ich habe in jedem Moment die Wahl, mich anders zu Entscheiden. Das heißt wenn es für mich passt. Wenn die Anstrengungen zu groß sind, das Bestehende beizubehalten, dann ist es vielleicht einfacher zu sagen: Okay, es ist Zeit für eine Veränderung.

Und man lässt sich einfach dann auf etwas Neues ein. Kuckt Mal, vielleicht sind die Abhängigkeiten ja gar nicht so schlimm oder gravierend und es lassen sich andere Lösungen finden, die einem leichter fallen. Es geht darum sich wirklich bewusst zu machen, dass die eigene Zeit auch die eigene Zeit ist. Und das man jederzeit darüber verfügen kann. Ich habe für mich entschieden diesen Satz tatsächlich nach und nach, aufmerksam zu beobachten und zu sagen, den streiche ich aus meinem Gebrauch. Wenn ich sage, ich möchte dort nicht mit, ich möchte das nicht machen, dann sage ich: Du das Thema interessiert mich einfach nicht und damit möchte ich mich nicht auseinandersetzen. Oder: Ich habe heute noch andere Sachen zu erledigen, die mir einfach wichtiger sind und vielleicht in einer Woche bin ich gerne bereit mich nochmal mit Dir darüber zu unterhalten.

Das sind eben dann tatsächlich Entscheidungen, womit ich auch Verantwortung und verantwortlich für mein eigenes Leben umgehe. Und nicht sage ich bin ein Getriebener meines Lebens. Sondern, ich erlebe tatsächlich mein Leben, dann jeden Tag als mein Eigenes. Über das ich eben jederzeit eingreifen kann und sagen kann: Ich entscheide, dass mein Leben so ist wie es ist. Egal welche Abhängigkeiten von außen scheinbar gesetzt sind. Sie können mich letztendlich nicht dazu zwingen Dinge zu tun. Ich kann durchaus verstehen, wenn einige jetzt sagen: So ein Quatsch. Ich kann mich hier aus diesen und jenen Sachen nicht raus stehlen, bin diese Verpflichtungen eingegangen.

Aber dann ist zumindest immer noch die Entscheidung zu sagen, es gab einen Grund warum man diese Verpflichtung eingegangen ist. Und daran sich einfach zu erinnern zu sagen: Es gab Gründe. Es war mir wichtig. Auch wenn sich das jetzt geändert hat, ist es mir immer noch wichtig genug, zum Beispiel ein Versprechen einzuhalten. Auch wenn es Gründe gäbe die jetzt vielleicht dagegen sprechen das noch zu tun. Auch da wieder die Aufforderung: Keine Angst vor, naja es sind ja nicht mal soziale Konflikte, sondern eher im Gegenteil, lieber diese kleinen sozialen Lügen auszuschalten. Und zu sagen: Du, mir geht es jetzt um andere Dinge. Andere Sachen sind mir gerade wichtiger geworden.

Und ich fände es gut, wenn Du damit einverstanden bist, wenn wir diese und jene Absprache auflösen könnten. Weil es für mich einfach zu schwer wird diese zu erfüllen und es vielleicht andere Lösungen eben gibt. Aber sofern man das nicht anspricht und sofern man eben einfach dabei bleibt zu sagen: Ich hätte keine Zeit. Bleibt dieses gewisse Ohnmachtsgefühl dabei. Und es lässt sich halt schwer dann mit Freude genießen. Weil wie kann ich ein Leben genießen, indem ich mich selbst immer nur als Getriebener erlebe. Als Abhängiger, ohne als eigener Gestalter, ohne der Schöpfer, der ich im Endeffekt für mein eigenes Leben sein kann.

Soweit einfach mal ein paar Gedanken zu diesem netten Satz: Ich habe keine Zeit. Mein Aufruf an Euch ist: Denkt mal darüber nach und überlegt Euch ob es nicht für Euch auch ein angenehmeres Gefühl ist wenn Ihr sagt: Es stimmt nicht, dass ich keine Zeit habe. Sondern es ist meine Entscheidung gewesen meine Zeit so und so zu verbringen. Auch wenn ich es heute gerne anders hätte. Aber Versprechen und Absprachen sind mir wichtig und deswegen halte ich mich trotzdem daran. Und dann könnt ihr immer noch „Ja.“ dazu sagen, auch wenn es schwerer fällt. Bis demnächst und tschüss.