Dieses Mal ein paar Gedanken zum freien Willen und ob das Experiment aus der Gehirnforschung, welches herausgefunden hat, dass in unserem Gehirn eine Entscheidung bereits ersichtlich ist, bevor es uns bewusst wird, dass wir uns entschieden haben, so zu verstehen ist, dass der freie Wille nicht existieren würde.

Die ursprüngliche Aufnahme vom 11.12.2015 findet Ihr hier. Für den Podcast habe ich das Audio überarbeitet und soweit möglich Pausen, Störgeräusche sowie Verzögerungslaute entfernt.

Im Mem-Tagebuch teile ich mit Euch meine Gedanken zu gesellschaftlichen, philosophischen oder politischen Themen.

Transkript

Jeder Block entspricht ca. 30 Sekunden im Audio.

Willkommen heute zu einem weiteren Mem-Video. Wahrscheinlich das letzte für 2015. Das Thema um das es mir heute geht, ist der freie Wille. Anlass ist, natürlich wie so häufig, etwas was ich wieder erlebt habe. Das eine sind Gespräche mit Freunden und das andere auch, weswegen ich das Video, nicht als Antwort, aber vielleicht einfach als Kommentar, als Anregung sozusagen mit betrachte zu dem Video was Oliver Heuler („Der freie Wille — oder: Meine psychische Störung“, 35 Minuten), glaub jetzt schon vor bald über einem Jahr gemacht hat zum Thema, dass für ihn im Endeffekt der freie Wille eben nicht mehr existiert bzw. er an diesem Konzept nicht weiter festhält.

Und es für ihn eine Erleichterung darstellt. Das kann jeder machen wie er will. Für mich persönlich, ich möchte halt am Konzept des freien Willens durchaus festhalten. Und möchte daher zunächst mal das Experiment auf das er sich dort berufen hat, indem es darum ging, dass Menschen im Labor untersucht wurden, beobachtet wurden, während die Aufgabe bestand irgendwann zu entscheiden, eine Handbewegung, irgendetwas auszuführen und später zu sagen: Wann sind sie denn der Ansicht, dass sie sich bewusst entschieden haben diese Bewegung durchzuführen?

Und da ist letztlich das Spannende, weswegen ich sozusagen das Experiment als solches sage, dass unterliegt einem systematischen Fehler. Also zumindest in der Interpretation, dass dieses Experiment belegen würde, dass der freie Wille nicht existiert. Weil hier Bewusstsein und freie Wille gleichgesetzt wird. Für mich ist im Endeffekt das Bewusstsein ein ganz anderer Bereich in unserem Gehirn, in unserem Selbst, in unserer Ich-Konstruktion, als der freie Wille, der eine ganz andere Schnittmenge von den Gehirnstrukturen besitzt. Natürlich gibt es hier Überschneidungen in diesen beiden Sphären, aber sie sind auf jeden Fall nicht Deckungsgleich.

Und allein der Gedanke, dass, nur weil die Menschen sich in der Zeit vertun, das heißt das ihr, letztlich auch wieder ihr Bewusstsein, weil sonst hätten sie das ja nicht äußern können wann sie meinen, dass ihre bewusste Entscheidung stattgefunden hat, sie darüber hinwegtäuscht, wann der Prozess als solches abgelaufen ist. Wann welche Mechanismen im Gehirn ablaufen, die für die Entscheidungsfindung, für die Ausführung der Bewegung usw. dann tatsächlich genutzt werden. Und das ist eben für mich einfach zu sagen, erstmal Zeit. Zeit ist ein mindestens ebenso großes Konstrukt oder halt ein Konzept, wie das Bewusstsein oder der freie Wille.

Deswegen ist es schon mal schwierig zu sagen: Was soll denn die Zeit eigentlich sein? Weil man ist eigentlich gar nicht in der Lage, dass objektiv so zu handhaben, das dieser Zeitpunkt, dass das irgendwie wirklich mit diesem Ablauf zusammen hängt. Sondern Zeit ist eben etwas was einfach im Gehirn konstruiert wird. Das diese Konstruktion letztlich nicht damit übereinstimmt, wann das Gehirn das tatsächlich macht, das ist einfach das unser Bewusstsein halt entsprechend beschränkt ist. In der Hinsicht, dass wir gar nicht in der Lage sind, alles im Sinne des Bewusstseins wahrzunehmen was in unserem Körper funktioniert, was in unserem Körper abläuft.

Das heißt aber doch nicht, dass im Umkehrschluss, nur weil ich mir nicht darüber im Klaren bin, wie die biologischen Abläufen im Einzelnen in mir stattfinden, dass ich deswegen auch automatisch keine letztlich höheren kognitiven Entscheidungen im Sinne von einer Wahl zwischen A und B in der Lage bin zu treffen. Die tatsächlich eine Willensentscheidung letztlich beinhaltet, als nur ein reiner Automat, der sozusagen nur auf Einflüsse, Reize reagiert. Und eben nicht in der Lage ist sich anzupassen, zu verändern, über genetische Mutationen hinweg, auch eben im lebenden Objekt noch Veränderungen wieder herbeizuführen.

Und da ist für mich letztlich die Schnittstelle zu sagen, das Bewusstsein ist für uns: ich hab mich zum Beispiel sehr stark mit NLP (Neuro-Linguistischer Programmierung) beschäftigt. Und da ist der Gedanke, dass Bewusstsein ist so letztlich die Schnittstelle, die wir aktiv steuern können, über die wir aktiv Programmierung in uns selbst vornehmen können. Aber diese Programmierungen werden sozusagen Bestandteil unseres Ichs. Und damit auch unserer Willensentscheidungsfindung. Mein Beispiel dafür ist: jeder der schon mal Autofahren gelernt hat, wird wissen, im Vergleich zur ersten Autofahrstunde und wie man im Endeffekt Auto fährt nachdem man, meinetwegen zwei, drei Jahre Autopraxis hinter sich hat.

Und wie überfordert man in der ersten Stunde war. Diese ganzen Verkehrsregeln beachten, schalten, Gas geben, lenken, blinken und dann noch eventuell auch keinen überfahren. Wie anstrengend das gewesen ist. Aber letztlich über die Schnittstelle unseres Bewusstseins, haben wir automatisierte Skripte geschaffen, die uns, wenn wir heute versuchen mal daran zu denken: Okay, mit welchem Fuß steige ich jetzt gerade auf die Bremse, Kupplung, Gaspedal. Wann setze ich welchen Fuß wohin ein. Gerät das Ganze sofort ins Stocken.

Weil plötzlich das vorher geschriebene Automatisierungsskript, was im Unterbewusstsein, aber trotzdem unter dem Aspekt des freien Willens. Weil ich habe es ja dort an der Stelle es tatsächlich freiwillig irgendwo reingeschoben, zu sagen: weil ich wollte das lernen. Ich wollte eben Autofahren lernen, damit habe ich sozusagen einen Baustein geliefert, der jetzt aber in einem anderen Bereich abgearbeitet wird. Genauso wie wir auf dem Rechner nicht ständig mit allen Programmen die dort laufen konfrontiert sind. Ist es im Endeffekt in unserem Gehirn genauso. Eben für mich ist das Bewusstsein als solches nur die Schnittstelle zu unserem Gehirn. Insbesondere dann zu diesen verschiedenen Konzepten die wir selber über uns haben. Vor wegen die Abgegrenztheit des Körpers.

Das eigene Ich als Persönlichkeit. Und eben auch als Konzept die Frage des eigenen Willen, also bzw. des freien Willens vor allen Dingen. Wovon ist im Endeffekt die Entscheidungsfindung abhängig. Und was natürlich sehr, sehr spannend ist in dieser ganzen Gehirnforschung, diese Rahmenbedingungen die Entscheidungen beeinflussen tatsächlich weiter zu untersuchen und zu hinterfragen. Weil das ist letztlich für mich der Baustein zu sagen, da wo die Entscheidungsfindung auf Autopilot läuft. Oder halt auf Einflüssen beruht die wir nicht kennen. Ist es doch gut wenn wir uns damit auseinandersetzen, weil wir haben ein Bewusstsein.

Selbst Dinge wo wir nicht wissen, dass wir uns eigentlich auf unbewussten Grundlagen entscheiden. Und die uns vielleicht die Entscheidung verfälschen. Das wir dort bewusster werden und sagen: Ah, Moment, das ist hier eine Rahmenbedingung, in der kann ich mich nicht frei entscheiden. Da werde ich unbewusst beeinflusst. Ich kann diese Beeinflussung eventuell nicht im Moment aufheben. Aber ich kann verhindern, dass ich die Entscheidung jetzt treffe. Ich kann mich aus der Situation herausziehen. Was meine ich damit: das eine ist, dass wir letztlich keine fundamentalen Entscheidungen treffen, wenn wir emotional aufgewühlt sind, wenn wir wütend sind usw. das wir da nicht einfach lospoltern und sagen, vergiss es. Ich schmeiß Dich raus. Oder: Lass mich in Ruhe.

Will ich nichts mit zu tun haben. Weil wir es nicht neutral anschauen können. Auf der anderen Seite sind aber auch die gegenteiligen Situationen genauso gefährlich. Nach dem Motto, der sympathische Berater der uns irgendetwas aufschwatzen will. Und mit so schönen objektiven Argumenten kommt. Wo wir nicht in der Lage sind an der Stelle diese Objektivität tatsächlich in Zweifel zu ziehen. Wie gesagt, sind das alles nur einzelne Bausteine. Zu sagen: es ist besser zu wissen, wo die Grenzen unseres Bewusstseins sind. Aber deswegen nicht gleich den freien Willen wegzuwerfen. Weil viele von diesen Dingen, die Oliver Heuler da angesprochen hat, die es ihm erleichtern dann eben zum Beispiel mit Scham und Schuld und Verantwortlichkeiten umzugehen.

Ich denke das geht auch mit dem Konzept der Freiheit, das ich sagen kann ich bin frei. Es gibt keine Notwendigkeit Scham oder Schuld zu fühlen. Die Frage ist, inwieweit ich eben nicht nur ein Automat bin, der letztlich von äußeren Einflüssen angestoßen werde oder zufällige Ereignisse. Sondern ob ich selber auch jemand bin, der Ursachen setzen kann. Das heißt, dass ich für meine eigenen Entscheidungen sehr wohl in der Lage bin zu sagen: Diese Ursache setze ich jetzt, indem ich zum Beispiel ein Buch lese, mit einem bestimmten Thema. Dann bin ich informierter darüber. Und dann kann ich eine ganz andere Entscheidung treffen.

Als wenn ich nicht vorher mich entschieden hätte diese Buch zu lesen. Und mich weiter darüber zu informieren. Das also für mich wäre der freie Wille letztlich erst dann zumindest in Frage stellbar, wenn dieses Experiment nicht so funktioniert von wegen: Okay. Wir kucken jetzt mal, wann Dein Gehirn sozusagen so weit ist. Wir kucken mal wann Du meinst so weit gewesen zu sein. Weil, wie gesagt, Zeit ist für mich eine viel größere Illusion. Und das wir letztlich in diesem Rahmen unglaublich gut getäuscht werden können. Weil wir überhaupt kein vernünftiges oder kein objektivierbares Zeitempfinden haben, wenn wir nicht gerade auf eine Uhr kucken.

Weil Minuten und Stunden sind für uns vom Gefühl her, je nachdem in welchem Zustand wir uns befinden, sozusagen gleichwertig. Deswegen ist auch dieses mit diesem wandernden Punkt, der dargestellten Uhr, ich denke an dem Zeitpunkt hat das stattgefunden. Ist für mich letztlich nicht die Aussagekraft, dass das eben mit dem freien Willen verbunden ist. Das Experiment um das es geht, ist letztlich wenn die Geisteswissenschaft sagen kann: Ich stehe vor zwei Türen A und B. Ich habe mich jetzt entschieden, durch Tür A zu gehen. Jetzt sagt mir die Geisteswissenschaft oder halt beobachtende Hirnforschung, sagt jetzt: Okay. Ich habe gesehen Du hast Dich jetzt entschieden durch Tür A zu gehen. Das kannst Du jetzt nicht mehr verhindern, Du wirst diesem Impuls folgen müssen.

Und das glaube ich einfach, dass das nicht stattfindet. Weil erst dann wäre sozusagen mein freier Wille ausgehebelt. Im Determinismus zu sagen, die Geisteswissenschaft kann jetzt voraussagen, nachdem sie mir gesagt hat, für welche Tür ich mich entschieden habe, dass ich auch durch diese Tür gehen werde. Und zwar ohne, dass sie mich an der Stelle weiter beobachtet. Sondern das sie eben, mit dieses Ergebnis sozusagen vorwegnimmt. Und dann hundertprozentig richtig liegt, ob ich jetzt tatsächlich durch Tür A gehen werde. Oder von mir aus auch, dass sie sagt das ich dann durch Tür B gehen werde. Weil sie kann ja sozusagen spekulativ dann zumindest feststellen ob ich selber eher widerspreche oder ob ich diesen Aussagen folgen würde.

Das eben nicht nur auf rein statistischen Annahmen usw. Weil natürlich ist die Frage: Ist unser Gehirn dann so stark durchsichtig. Allein Strukturen, Verschaltungen, da ist das eine stärker, das andere schwächer ausgeprägt, um dann tatsächlich sagen zu können: Okay, der Typ geht, nachdem wir ihm gesagt haben, er geht durch Tür A, wird durch Tür A gehen. Und der Typ wird, nachdem wir es ihm gesagt haben, durch Tür B gehen. Das wäre, dass die Geisteswissenschaft wirklich beweisen kann, dass der freie Wille in der Hinsicht eine Illusion ist, weil ich mich nicht mehr entscheiden kann.

Sondern weil zumindest meine Entscheidungsstrukturen deterministisch angelegt sind, in der Hirnstruktur wie sie dann ist. Und das ich darüber tatsächlich keine Änderung herbeiführen kann. Das heißt, auch wenn ich das Experiment nach einem oder zwei Monaten wiederhole und was auch immer ich dann getan habe, weiterhin auf diese Vorhersage ausgeliefert bin. Das glaube ich einfach nicht. Dazu halte ich unser Gehirn, trotz aller biologischen Grundlagen in der Genetik und unsere ganzen Umwelteinflüsse, doch für zu variabel, über die Schnittstelle des Bewusstseins, den eigenen Willen, die eigenen Handlungsmöglichkeiten, die eigenen Handlungsoptionen und Strategien, letztlich in die Hand zu nehmen, zu sagen:

Ich habe darauf einen aktiven Einfluss. Ich kann das machen. Natürlich alles nur im begrenzten Rahmen oder vielleicht nur im begrenzten Rahmen. Weil das ist ja auch immer die Frage, ob unsere Überlegung und Wissenschaft schon so weit ist zu sagen: Das können wir noch nicht erklären. So wie wir zwar Licht und Elektrik soweit heute Teilchen zuordnen können, in Sinne von Photonen und Elektronen. Ist die Sache bei der Gravitation noch nicht geklärt. Genauso wie auch der Magnetismus. Wir haben keine Erklärung wie diese Energien tatsächlich übertragen werden. Wir können sie nachweisen, wir können sie messen. Bei Gravitation sogar noch ein bisschen schwieriger.

Weil da ist auch der Nachweis in der Hinsicht schwierig, so wie wir gerade aktuell dabei sind zu kucken ob sowas wie Gravitationswellen gibt. Das sind Aspekte zu sagen, da ist noch viel Spielraum, da ist noch verdammt viel Luft auch zu verstehen, das Geist, das was ich sagen würde, wo unser freier Wille irgendwo mit reinspielt, eben über die Physis hinaus, dass da etwas ist, das da etwas passiert. Obs da jetzt sowas wie Schicksal oder so weit gibt, das sind nette philosophische Betrachtungen. Ich mag die Geschichte, dass es so etwas wie Schicksal gibt, nicht festgezurrt, aber zumindest Ideen davon. Das ist ein anderes Thema, worüber man auch noch lange, lange philosophieren kann.

Und letztlich ist eben immer wieder die Frage: Was verschafft mir mehr Freiheit im Leben, als Mem? Das heißt, dass alles sind nur Gedanken und Konstrukte, je nachdem welche ich benutze kann es sein, dass ich mich als freier Mensch erlebe oder als gefangener Mensch. Und da noch als Abschlussgedanken. Ich denke, dass wir uns vor allen dann als frei erleben, wenn letztlich unsere innere Freiheit kleiner ist, als unsere äußere Freiheit. Darüber könnt Ihr jetzt mal ein bisschen drüber nachdenken. Weil letztlich die ganze Forschung die heute im Bereich Psychologie gemacht wird. Was dann auf die Werbung zurück wirkt.

Aus meiner Sicht genau das sehr gefährdet. Das heißt, dass wir unfreier werden, weil wir nicht mehr wach genug sind. Weil wir dahin beeinflusst werden, dass unsere innere Freiheit soweit abnimmt, allein durch Konzepte mit denen wir begleitet werden. Sei es Demokratie, Menschenrechte usw., dass die letztlich dafür sorgen, dass unsere innere Freiheit so klein ist, dass man uns in der äußeren Freiheit so stark einschränken kann und wir es nicht mal merken. Also bzw. nicht mal dagegen aufbegehren, rebellieren. Eine Metallfessel am Bein wird jeder sofort merken. Aber im Endeffekt eine Fessel die nicht mehr sichtbar ist. Und die letztlich nur aufgrund des nicht mehr an die Grenzen stoßen des Individuums nicht mehr bemerkt wird. Das ist aus meiner Sicht noch eine ganz andere wiederum spannende und lange Diskussion. Habt Ihr etwas über den Jahreswechsel Euch auch ein bisschen damit auseinanderzusetzen. Und selbst zu überlegen wie Ihr das seht. Ob Ihr Euch den freien Willen wegen einer Sekunde Bewusstseinsirrtum nehmen lassen wollt. Oder ob Ihr sagt: Ja, ich kann besser damit leben wenn es den freien Willen nicht gibt. Und ich letztlich irgendwo ein Automat meiner Umwelt und meiner Gene bin. Das Ganze nur eine Illusion ist. Viel Spaß und bis zum nächsten Mal. Tschüss.