Nach über einem Jahr Bücherecke ein paar Gedanken zum Urheberrecht und ob es uns wirklich mehr Kultur und Fortschritt ermöglicht als es zugleich verhindert.

Die ursprüngliche Aufnahme vom 12.01.2016 findet Ihr hier. Für den Podcast habe ich das Audio überarbeitet und soweit möglich Pausen, Störgeräusche sowie Verzögerungslaute entfernt.

Im Mem-Tagebuch teile ich mit Euch meine Gedanken zu gesellschaftlichen, philosophischen oder politischen Themen.

Transkript

Jeder Block entspricht ca. 30 Sekunden im Audio.

Willkommen zu einer neuen Folge des Mem-Tagebuchs. Heute treiben mich gleich zwei Folgen um. Und das Thema der ersten Folge ist Urheberrecht. Jetzt nicht weil ich einfach mal ein bisschen darüber schimpfen will, warum mich das Ganze stört usw. sondern es ist sozusagen auch ein bisschen das Fazit von einem Jahr Bücherecke. Ich hab letztlich vor einem Jahr angefangen meine Idee umzusetzen, dass ich gerne einige Bücher die mich interessieren, die mir grundsätzlich zum Thema Geld oder andere Gesellschaftsordnung. Oder halt bestimmte Theorien, um Dinge plausibler zu erklären als es vielleicht die Ökonomie heute kann oder tut.

Auch ins Internet zu veröffentlichen. Einem anderen Zielpublikum per Videolesung zugänglich zu machen. Und mich einfach mit dem Thema auch noch mal insoweit auseinanderzusetzen. Die Bücher ein bisschen Einzudampfen sozusagen die Essenz versuchen daraus zu extrahieren. Nach einem Jahr bin ich vielleicht auch ein bisschen ernüchtert, was das Thema angeht. Nachdem das erste Buch, das Anarchiebuch von Horst Stowasser, ich da eigentlich einen ziemlich breiten Rahmen bekommen hab, nach so zwei, drei Mails hin und her, mit dem Verlag damals, war das Okay. Keine weitere große Beschränkung, keine weitere Nachfrage.

Einfach zu sagen bekommen: Okay, wir sind einverstanden. Ich kann das Video aufnehmen und hoffen, dass es sozusagen beidseitig nutzt. Ich hab vorhin gerade noch mal angeschaut, also das Video hat jetzt nach einem Jahr knapp 600 Views. Zumindest die dort gezählt sind. Mir ging es ja eh nicht darum, wie viele das jetzt tatsächlich anschauen, sondern einfach das Thema Anarchie selber auch mit Informationen zu unterfüttern. Das ist vielleicht so ein einfacher Einstiegt als jemand der sich tatsächlich dieses Buch direkt holt. Auf der anderen Seite: ich hatte natürlich noch einige andere Bücher, die sich mit bestimmten Themen die mich interessiert haben beschäftigt haben.

Und es ist schon erstaunlich wie unterschiedlich letztlich die Verlage dort reagiert haben. Das interessanteste war wahrscheinlich, wie auch das Ganze Urheberrecht oder die Seite der Verlage jeweils unterschiedlich verstanden wurde. Bei einem Buch war es letztlich so, da habe ich auf die Anfrage eine Aussage bekommen in der Form: sie sind ja aufgrund des Urheberrechts gezwungen zu verhindern, dass irgendwie dieses Buch anderweitig benutzt wird oder größere Stücke in anderer Form verbreitet werden, als über den Verlag oder über dieses Buch selber. Und da denke ich mir schon, wie missverstehen kann man denn das Urheberrecht überhaupt.

Unterstell ich mal, dass es zumindest tatsächlich in der Entstehungsgeschichte, die Absicht tatsächlich gab, die Autoren als solche zu schützen und ihnen Einnahmen zu ermöglichen und von ihrer Arbeit zu leben. Weil das ist ja zumindest immer noch das, was ich sozusagen auf der positiven Seite dem Urheberrecht zugutehalte und unterstelle, dass das die Intention war. Und es vielleicht nicht unbedingt das damit zu tun hat, was heute daraus gemacht wurde. Allerdings beginnt dann schon die erste Frage: Die Dauer, wie lange das letztlich geschützt ist, ist ja inzwischen, ich glaube auch in Deutschland, 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Und da frage ich mich: Okay. Wer soll denn da jetzt eigentlich geschützt werden?

Die Frage ist, wieso müssen jetzt auch die Angehörigen sozusagen noch in der Hinsicht alimentiert werden, wenn derjenige ein erfolgreicher Autor war, zu sagen: Okay, auch die können noch von seinen Tätigkeiten letztlich profitieren. Und letztlich ist die Systematik, in welcher Hinsicht, dass aus meiner Sicht, zumindest das Urheberrecht entwickelt hat, nicht unterschieden letztlich von dem Thema der Kapitaleinkünfte. Die ich aber jetzt hier in dem Video nicht weiter ausführen möchte. Von der Systematik ist es letztlich eine Alimentierung und was mir da wichtig ist zu überlegen: inwieweit denn tatsächlich diese Beschränkung der Weiterverwendung, die Frage ist auf welche Grundlage, mit welchen Überlegungen sollte das tatsächlich passieren.

Weil ich hab auch mal eine Dokumentation gesehen, da ging es eher so um Filme die gemacht wurden. Und auch selbst die Meisterwerke wie Star Wars, also die ersten Filme, die sozusagen einen neuen Bereich erschlossen haben oder 2001 – Odyssee im Weltraum, die in ihrer Form irgendwie Kult geworden sind oder zumindest einen Sonderstatus erreicht haben. Aber letztlich all diese Filme sind nie aus dem Nichts entstanden. Sie alle, wenn man das nachschaut, hatten ihre Vorläufer, ihre Vorform, ihre bestimmten Analogien, die sozusagen in anderen Filmen schon vorweggenommen worden sind.

Letztlich ist die Frage bei den Filmen, die auch ihre Vorläufer hatten: Warum jetzt dieser oder jene Film dann grundsätzlich geschützt ist? Weil die Idee oder das was sozusagen aus anderen Werken entnommen wird, dann auch nur bedingt geschützt ist oder gar nicht geschützt wird. Jemand der schon vorher einen ähnlichen Plot geschrieben hat, aber aufgrund seines Umfeldes oder aufgrund des Verlages in dem er veröffentlicht hat, letztlich nie bekannt geworden ist. Und dann jemand anderes, der vielleicht das Glück hatte, schon die einen oder anderen guten Verbindungen zu haben. Und dann den Durchbruch damit schafft. Die Frage ist auch so aus dem wissenschaftlichen Bereich.

Es ist immer die Aussage: Wir stehen auf den Schultern von Riesen. Unsere Kultur ist schon Jahrtausende alt. Und hat so viele Dinge entwickelt, hält Dinge für uns bereit, die wir letztlich nutzen können und darauf zurückgreifen. Und jetzt haben wir plötzlich in der Gegenwart so diesen Cut, das heißt es ist erst das Verfügbar, was 70 Jahre nachdem der Schaffer dieses Werkes gestorben ist. In USA ist das Ganze ja noch ein bisschen schwieriger, weil das sozusagen dann an Unternehmen verkauft wird. Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Urheberrecht nicht von der Person wirklich gelöst werden kann, sondern nur Nutzungsrechte eingeräumt werden können. Ist es in USA: das kann komplett an Firmen übertragen werden.

Wobei dort dieses Lebensalter an der Ursprungsperson trotzdem noch irgendwie gekoppelt ist. Wer weiß ob das bleibt. Für mich ist das ein riesen Kritikpunkt, zu sagen: Was kommt da für ein Stopp, oder was ist im Endeffekt schon für ein Stopp entstanden, gegenüber der vielfältigen Möglichkeiten im Internet. Ich weiß nicht ob das zur Internetblase damals: Mix, Rip and Burn. Auch so ein bisschen diese Content-Politik, zu sagen: hey, da finde ich irgendwas im Internet, mit dem fange ich irgendwas an, mach da was Neues draus. Mix das irgendwie zusammen und gebe dem eventuell neuen Kontext, einen neuen Rahmen, neue Informationen.

Oder ich verkürze einfach was auf interessante Meme, die sich dann vielleicht stärker verbreiten als der eigentliche Inhalt. Aber all diese Dinge sind aus meiner Sicht eben, durch das Urheberrecht insbesondere, so wie es heute fungiert, wie es heute genutzt werden kann, beschränkt. Was ich persönlich sehr schade finde. Um auf die Bücher zurück zu kommen. Der Anstoß warum mich das Thema einfach noch mal interessiert und ich als Resümee die Ernüchterung nach 12 Monaten und verschiedenen Mailaustausch mit einzelnen Verlagen. Manche muss ich sagen, okay, die waren ganz fair, die waren ehrlich, die haben gesagt, sie betrachten so ein Video halt als Konkurrenz, weil sie das Buch noch als Audio-Book letztendlich vertreiben wollen.

Das heißt da ist das Format dann doch zu ähnlich, als wenn ich da größere Teile vorlesen würde. Haben grundsätzlich aber gesagt, dass ich natürlich das Thema als solches besprechen würde. Also als Werbung gerne gesehen, aber wehe es wird der Umsatz dabei letztlich gefährdet. Das soll natürlich nicht stattfinden. Und darüber hinaus, gilt das Ganze natürlich genauso für Markenrechte, also Markenschutz und Patentrecht. Das klassische Argument, wo immer gesagt wird, ohne Patentrecht würden keine Medikamente entwickelt werden usw.

Wenn das die einzige Grundlage ist, dass Medikamente entwickelt werden, dann sollten wir auf die Medikamente vielleicht auch besser verzichten, weil das was sozusagen nur wenigen Menschen hilft und am Ende doch keinen Gewinn erwarten lässt, wird ja eh nicht entwickelt. Also ist es aus meiner Sicht nicht wirklich das klare Argument zu sagen: Der Patentschutz würde uns die besseren Medikamente verschaffen. Es gibt ja auch einzelne Untersuchungen hier, dass letztlich das Patentrecht nur in der Hinsicht genutzt wird, neue Medikamente, teilweise nicht mal unbedingt mit neuen Wirkstoffen, auf den Markt zu bringen, weil ältere auslaufen. Damit man wieder letztlich diese Schutzfristen nutzen kann. Aus freiheitlicher Sicht halte ich letztlich von diesen ganzen Elementen gar nichts.

Die das was jeder Mensch, sei es Erfinder, sei es Autor, sei es sonst irgendein Kreativer. Er basiert, aus meiner Sicht, auf einer Kultur, auf einem Wissen, auf Informationen die teilweise Jahrhunderte und Jahrtausende alt sind. Und wenn er diese letztlich nicht so kostenfrei nutzen könnte, könnte er auch seine Werke nicht in der Form schaffen oder verbreiten oder in irgendeiner Form nutzbar machen. Mein Plädoyer wäre auf jeden Fall dazu, weiter in die Richtung zu gehen, Thema: open Content. Das geht bis hin in die Technik. Das auch dort Dinge patentfrei geschaffen werden. Und natürlich niemand muss mit mir diskutieren, zu sagen: Diese Leute brauchen doch etwas, womit sie für ihren Lebensunterhalt sorgen können.

Das ist halt bei uns leider immer noch, das Primäre, das Erwerbseinkommen. Weil wir kaum andere Möglichkeiten haben, in unserer vernetzten und arbeitsteiligen Welt, gegenseitig zu versorgen. Ganz klar. Also ich möchte nicht zurück in eine Subsistenzwirtschaft, in der letztlich die Dinge die ich hier mache: Videos zu produzieren, Vorträge zu halten. Mich mit Ideen auseinanderzusetzen, Visionen zu entwickeln. Das könnte ich nicht, wenn ich mich tagtäglich letztlich um meine Ernährung sorgen müsste. Und zwar in der Form, dass ich auf irgendeinem Feld arbeite und keine Maschinen einsetzen könnte. Weil ich selber könnte nie alleine in meiner Lebenszeit überhaupt einen einzigen Trecker produzieren.

Das wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Vielleicht könnte ich es noch hinschaffen, irgendeinen Pflug zusammenzuzimmern. Vielleicht mit der Hilfe eines Schmiedes. Wir haben schon unglaubliche Vorteile durch die Arbeitsteilung. Und wir sollten darauf achten, dass letztlich diese Information und das Wissen auf dem dieses alles basiert auch weiterhin zugänglich bleibt. Und nicht in den Händen weniger Großkonzerne dann liegt, weil die, die Anwälte haben. Soweit das erste Thema, einfach mal darüber nachzudenken: das Urheberrecht, was soll es schützen, und ist es in der Hinsicht erfolgreich, dass es das was es schützen soll wirklich schützt.

Und wenn nicht, dann ist die Frage: Was wären die Alternativen? Also wie lässt sich es regeln, dass ein Autor, ein Content-Produzent, ein Erfinder, ein Entwickler angemessen – was auch immer das wieder heißt – entlohnt werden. Und ihren Lebensunterhalt fristen können, um diese Dinge zu tun. Ohne dass die negativen Effekte überwiegen. Andere Gruppen, sei es zum Beispiel in der Computerindustrie. Es ist ja zum Beispiel sehr spannend, was die Chiphersteller und Grafikkartenhersteller usw. wie sie sich dann gegenseitig ihre Patentschlachten und Rechtsanwälte auf den Hals hetzen.

Um die anderen daran zu hindern, dass Erkenntnisse genutzt werden. Solange sie nicht dafür auch weiter bezahlen. Einfach mal zum Nachdenken. Viel Spaß dabei. Tschüss.